Winterflucht nach Portugal mit Plan A bis Plan F oder wieviel Lackzistrosen passen in einen Koffer?

Du kannst dir meinen Bericht auch vorlesen lassen, einfach bis zum Ende vom Text scrollen und den Button „Beitrag vorlesen“ anklicken.

Vor wenigen Tagen erreichten mich die nachfolgenden Zeilen von Carmen, die bei der letzten Winterflucht vor 4 Wochen in Portugal dabei war. Ich musste das Ganze erst einmal „setzen“ lassen. Da hat sich eine Teilnehmerin der Tour die Mühe gemacht einen Reisebericht über ganze 6 Seiten zu schreiben! Beim Lesen habe ich all diese Momente neu erlebt und gebe auch zu, dass ich mir ständig die Tränen aus den Augen wischen musste. Es war eine Tour, die mich persönlich an die Grenzen gebracht hat, nicht die Tour selber, eher die Unwegsamkeiten und Änderungen. Nachdem Plan A bis C nicht machbar waren, wäre Plan D die perfekte Tour gewesen, es sollte nicht sein und mit Plan E haben wir eine, an Corona angepasste, und trotzdem tolle Tour erlebt. Wenn unsere Gäste etwas bekommen, was sie eigentlich so nicht gebucht hatten und trotzdem glücklich sind, weil es am Ende genauso schön war, dann macht auch mich das glücklich. Mit dieser Tour ist das Jahr genauso verrückt zu Ende gegangen, wie es angefangen hat. Wir wollten im März nach Almeria und sind nach Portugal geflohen, weil der Lockdown kam. Eine turbulente Tour mit glücklichen Gästen, hier auch nachzulesen. Jetzt erneut eine turbulente Tour wegen Corona. Improvisation ist meine Stärke und ich bin dankbar für die wunderbaren Partner vor Ort, die mir geholfen haben, diese Tour so zu erleben, wie wir sie erlebt haben. Es ist wie mit einem Puzzle, es ergibt erst ein Bild, wenn es vollständig ist, dieses wundervolle Puzzle durften wir bei dieser Tour erleben.

Zitat:

Liebe Manuela,
zurück in Deutschland hatte ich echt voll den Heimkehrerblues. Dieses Land hat mich so vereinnahmt, ich bin noch immer geflasht, unerwartet, weil ich im Herzen eigentlich eine Spanierin bin. Ich habe meine stets zahlreichen Gedanken/ Eindrücke/ Emotionen und Gefühlen Revue passieren lassen und einen Reisebericht verfasst. Vieleicht magst Du ihn ja im Reiseblog posten? Mit vielen Grüßen deine Carmen.

Antwort:

Liebe Carmen,
ich werde das gern veröffentlichen und sage ein herzlich Dankeschön dafür. Es hat keine Rolle gespielt, ob wir durch deinen Reifenwechsel eine ungeplante Pause hatten oder mehr Tankstopps einlegen mussten wegen dem kleinen Tank deines Mietmotorrades. Was zählt ist, dass wir eine wunderbare Tour hatten und unzählige Erinnerungen teilen können. Wir waren mit dem Motorrad unterwegs, wo „gefühlt“ der Rest der Welt wegen Corona einen Stillstand hatte. Wir hatten eine wundervolle Zeit, die besonders und einzigartig war. Ich persönlich sage DANKE dafür, dass die Gruppe bis zum Schluß an der Tour festgehalten hat und dass ihr mir gefolgt seid. Es war mir eine besondere Freude, euch jeden Tag im Rückspiegel zu sehen und ich sage DANKESCHÖN für die wunderbaren Momente.

Hier nun der Reisebericht von Carmen

Es ist Anfang Februar 2020, das vermaledeite Wort mit C ist noch ein neuartiges Virus das in Wuhan um sich greift, als Manuela ein halbes Doppelzimmer mit weiblicher Belegung für die Winterflucht nach Portugal vom 31.10 – 07.11.2020 ausschreibt. „Hurra“ denke ich „Endlich mal ab in den Süden wenn good old Germany bereits seinen herbstlichen Trauerflor trägt“. Dazu kommt, dass Portugal ein mir völlig unbekanntes Land ist. Ich kann mich vor Freude und Neugierde kaum halten. Noch schnell im Büro den Urlaub genehmigen lassen und schon ist das halbe DZ mein.

Plan A: Zielflughafen und Übergabe der Mietmotorräder in Malaga. Von dort aus fahren wir nach Portugal.

Ich buchte im Schweiße meines Angesichts einen Flug nach Malaga und zurück. Normalerweise setze ich mich auf mein Motorrad und fahre dorthin wo ich hin will. Einen Flug selber buchen ist komplettes Neuland für mich. Dank ein paar Tipps und beruhigender Worte von Manuela klappte das alles wunderbar. Jetzt muss ich nur noch knapp 9 Monate warten! Dazu sei gesagt, als der liebe Gott die Geduld verteilt hat, bin ich gegangen. Das hat mir einfach viel zu lang gedauert:-) Seit Mitte März nennt sich das C-Wort Pandemie! Jetzt bin ich froh, dass es bis zu der heißersehnten Reise noch so lange hin ist. Da wird sich doch wohl noch das eine oder andere z.B. die Reisefreiheit wieder zum Guten wandeln. Der Sommer zieht ins Land, wir dürfen endlich wieder Reisen. Die Pandemie ist unglaublich weit weg, dachte ich. Mitte August wird für ganz Spanien vom Auswärtigen Amt eine Reisewarnung ausgesprochen.

Mitte September schließt sich Manuela mit ihren Gästen kurz und stampft Plan B aus dem Boden. Der sieht wie folgt aus: Wir fliegen nach Faro und lassen uns die Motorräder von Malaga aus anliefern. Die Kranich AG (Lufthansa) zeigt sich kooperativ und bucht meinen Flug kostenneutral um. Die Vorfreude macht sich wieder Platz in meinem Herzen. Einige der Gäste können nicht nach Faro fliegen und sagen deshalb die Reise ab. Für die wenigen verbleibenden Mietmotorräder wird nun der Transport zu teuer bzw. unrentabel. Das darf doch alles nicht wahr sein dachte ich und versuchte mir vorzustellen wie es Manuela jetzt ging. Bei mir handelte es sich „nur“ um eine einzige Urlaubsreise, sie machte den Fetz schon monatelang bei zig Reisen mit. Mein Mitgefühl und meine Bewunderung sind vollumfänglich bei ihr. Sie setzte alles Menschenmögliche dran, für die verbleibenden Gäste den Reisetraum wahr werden zu lassen.

15.09.2020 Plan C: Flug nach Faro samt Mietmotorräder von vor Ort

Am 23.09.2020 dann die Reisewarnung vom Auswärtigen Amt für den Großraum Lissabon, die betrifft uns nicht und so freue ich mich weiter auf den Urlaub. Anfang Oktober erhalte ich per Mail von Manuela den Link zur Buchung meines Mietmotorrades. Mit einem flauen Gefühl in der Magengrube buchte ich das Fahrzeug direkt selber, um unsere Tourguidin wenigstens ein bisschen zu entlasten bei dem Tohuwabohu. Im Nachhinein stellt sich heraus dass nicht für alle Gäste, die Mietmotorräder an nur einer Station abgeholt werden können und manche Gäste auch noch außerhalb der Öffnungszeiten der Mietstationen in Faro landen. Dies hat zur Folge, dass sich Manuela nun auch noch um eine andere Motorradvermietung kümmern muss. → Plan D

Mein Motorrad ist nun schon fix gebucht und angezahlt. Heißt, wir müssen nur für mein Motorrad extra diese Mietstation anfahren, ich bin nicht wirklich glücklich darüber.

20.10.2020 Das Auswärtige Amt verhängt für die Region Norte eine Reisewarnung! Inzwischen ist ganz Deutschland ein einziges Risikogebiet und ich frage mich was das soll. Im Grunde bin ich froh wenn uns Portugal aus Deutschland noch einreisen lässt!

Es folgt Plan E: Die Tour am Douro entlang musste leider gecancelt werden. Ich war traurig und dennoch sicher, auch ohne Douro wird es genügend reizvolle Strecken und Landstriche in dem für mich völlig neuen Reiseland geben.

Eine Woche vor Reiseantritt wird bekannt, dass in Portugal vom 30.10 – 03.11.2020 die portugiesischen Bürger den eigenen Wohnbezirk nicht verlassen dürfen! Okay, denke ich, was bedeutet das für Touristen? Wieder muss die arme Manuela ran, um herauszufinden ob wir wie geplant reisen dürfen. Einige Tage Bangen und Ungewissheit, dann die Erlösung! Wir dürfen reisen, wir haben feste Buchungen und dürfen uns zu unserem jeweiligen Tagesziel hinbewegen. Wie direkt der Weg sein muss und wie lange das zu dauern hat war nirgends fest geschrieben. Ich meine wir werden den ganzen Tag in Motorradklamotten und mit Helm auf dem Kopf das Hinterland der Algarve und des Alentejo unter die Räder nehmen und Kurven räubern, mit wem sollten wir großartig Kontakt haben?

Es ist der 30.10.2020 und es sind noch 21 Stunden bis zum Abflug.  Mein pinkfarbenes Tussi-Köfferchen (seit dem ich das habe, benötigt keiner meiner Söhne mehr meinen Koffer) ist gepackt, ich sitze seit Monaten im Homeoffice und freue mich auf eine Woche Auszeit von der Pandemie, vom Risikogebiet Deutschland, von der Arbeit, freue mich auf Sonne, Meer, Motorradfahren und Menschen mit denen man gesellige Abende verbringt. Da erhalte ich eine Push-Nachricht auf meinem Smartphone, das Auswärtige Amt hat nun auch die Region Portugal Centro zum Risikogebiert erklärt! Ich war stinksauer, dann überlege ich ob ich so tun könnte als hätte ich die Nachricht nicht gelesen. Der kleine Teufel auf meiner linken Schulter ist mittlerweile auch bereit ins Risikogebiet zu reisen und danach in Quarantäne zu gehen. Bin ja eh wieder komplett im Homeoffice und meine Versorgung für nach dem Urlaub habe ich wohlweislich schon sichergestellt. Aber der doofe kleine Engel auf der rechten Schulter meint ich müsse das unbedingt an Manuela weiterleiten, schließlich können ja nicht alle Menschen aus dem HO arbeiten. Ab und zu bin ich auch ein artiges Mädchen und daher schicke ich die Hiobsbotschaft sehr schweren Herzens an unsere eh schon gebeutelte Reiseleiterin weiter. Ich kann Ihr entsetztes Gesicht und das scharfe Einatmen beim Erhalt meiner Nachricht förmlich hören und sehen und meine auch zu fühlen dass sie mich just in dem Augenblick zum Teufel gewünscht hat. Ich kann es Ihr nach all den Mühen und vielen Stunden Arbeit für eine einzige Reisegruppe nicht wirklich verdenken. Bin aber wild entschlossen die Reise anzutreten sollte sie noch stattfinden.

Es dauert ganze 1,5 h dann hatte diese unglaubliche One Woman Show Plan F fertig. Hotels umgebucht und neue Strecken ausgearbeitet. CHAPEAU!! In der Mittagspause online eingecheckt, mein „Passengerschlagmichtot“ für die Einreise nach Portugal ausgefüllt. …..Urlaub, ich kommehheee.

Am 31.10.2020 setze ich mich um 4:15 in Richtung Airport in Bewegung. Natürlich viel zu früh aber was Solls Hauptsache nicht zu spät. Manuela trifft mit einem weiteren Teilnehmer ein, das Boarding beginnt. Mit etwas Verspätung steigt der Kranich 9:30 in die Luft. Der Flug zieht sich für mich unendlich lange hin. Wie schon erwähnt, ist eine meiner herausragenden Eigenschaften, recht schnell die Geduld zu verlieren und das obwohl ich gar keine habe :-). Pünktlich um 11:25 landen wir in Faro, sobald ich das Handy aus dem Schlaf erwecken darf gebe ich meiner Vermietstation Bescheid. Manuela und Volker holten Ihr Gepäck ab, wir wollen uns ein Taxi nehmen und dann die nächste Hürde. Keiner der anwesenden Taxifahrer kennt die Adresse der Vermietstation, Hallo? Ich dachte zum Taxifahrerdasein wären Ortskenntnisse Grundvoraussetzung? Selbst wenn nicht, es gibt ja Google Maps, wir haben es benutzt und dem Fahrer die Adresse gezeigt. Nach einigem typisch südländischen Palaver verstaut der Fahrer unser Gepäck mehr schlecht als recht und setzt sich in Richtung Innenstadt in Bewegung. Nach etlichen Runden wird er in Sachen Vermietstation tatsächlich auch fündig. Zugegeben, die Station ist nicht groß und kann leicht mal übersehen werden. Der Vermieter erwartet uns schon und dann dauert es erneut eine gefühlte Ewigkeiten bis die Formalitäten abgewickelt sind, während Manuela und Volker sich bei strahlendem Sonnenschein und 23°C vor dem Laden die Füße in den Bauch stehen und nahe am Hitzschlag sind in ihren winterlichen Klamotten. Wieder wäre ich froh ich hätte mein Motorrad nicht selbst gebucht. Dann säßen wir jetzt alle schon im Taxi zu unserem traumhaft schönen Hotel mit Pool in atemberaubend schöner Lage .Wir haben tatsächlich Kaiserwetter und werden den Pool kurze Zeit später genießen. Aber erst mal sattel ich die kleine BMW F900R auf und folge dem Taxi mit Manuela und Volker zum Hotel. Schon nach kurzer Zeit versöhne ich mich ein wenig mit meiner Sondermietlösung weil das Motorrad wie für mich gemacht ist. Was ich auf den ersten 50 km erfahre, fühlte sich nach sehr viel Fahrspaß in der kommenden Woche an. Im Hotel angekommen wurden wir empfangen wie Familienmitglieder, die ganze Anlage ist paradiesisch südländisch. Blühende Sträucher im November, Agavenblüten, Erdbeerbäume, die zum Naschen einladen. Raus aus den Klamotten, rein in den Badeanzug und ab in den beheizten Swimmingpool, ab jetzt war ich angekommen und mitten drin im Urlaub. Gegen 18:00 trifft auch meine Zimmergenossin Karin ein, ein Stiefelbier zur Begrüßung, eine kleine Erkundungsrunde durch die Gegend und einen wunderbaren Sonnenuntergang erlebt. Anschließend genießen wir ein köstliches Abendessen – eine traditionelle Cataplana und lassen den ersten Abend feucht fröhlich ausklingen. Hatte ich gestern noch Zweifel und über eine Absage nachgedacht, so war ich jetzt froh die Reise trotz aller Widrigkeiten angetreten zu haben.

Ein neuer Tag beginnt. Ich bin Frühaufsteher und habe die Zeit vor dem Frühstück genutzt, einen wunderbaren Sonnenaufgang zu erleben und die Ruhe zu genießen. Zum Frühstück begrüßte uns ein weiterer Gast. Michael war nach mittlerweile 8 Umbuchungen von TAP um Mitternacht gelandet und zu einer Zeit im Hotel angekommen, wo ich schon tief im Schlaf versunken war. Ich war neugierig auf das portugiesische Frühstück, wie wird es sein? Bedingt durch Corona gab es kein Buffet, dafür alles auf Abfrage. Es war ganz nach meinem Geschmack, frisch gepresster Orangensaft, lecker Käse, herzhafte Wurst, Ei in allen Varianten und viel frisches Obst – daran könnte ich mich gewöhnen! Unsere Gruppe war nun komplett und Manuela nutzte den Morgen um die bevorstehende Tour vorzustellen. Vieles hatte sie bereits gestern Abend erzählt, jetzt mit Michael nochmal die wichtigsten Dinge besprochen und anhand einer Karte die Routenführung gezeigt. Meine Vorfreude stieg und die Ungeduld ergriff mich erneut. Die Mietmotorräder für den Rest der Gruppe wurden gestern Abend durch ein befreundetes Unternehmen von ALMOTO angeliefert und standen nun zur Übergabe bereit. Es wurden die Formalitäten abgewickelt und zwecks der ausgleichenden Gerechtigkeit musste ICH diesmal auf den Rest warten, da ich das Prozedere der Fahrzeugübergabe bereits am Vortag hinter mich gebracht hatte. Das Gepäck wurde in den Koffern der Motorräder verstaut, die eigenen Koffer nahm der Vermieter in Verwahrung und schon kurze Zeit später rollten wir los.

Motorrad zu fahren über die sanften Hügelketten im Hinterland der Algarve, gepaart mit herrlichen Kurvenkilometern haben mich ankommen lassen und alles vergessen lassen, was bis jetzt im Weg lag. Es ist das Insiderwissen, was Manuela hat und was ich so an ihr mag. Wir machen einen Stopp mitten in den Bergen und ich frage mich, warum gerade hier? Ah ein Fotostop, klaro und ganz nebenbei fragt uns Manuela, ob wir den Duft wahrnehmen, der hier in der Luft liegt. Na klar, hatte mich schon gefragt, was das ist. Ein Duft der einzigartig ist und hier auch seine Geschichte findet. In unserer kleinen Gruppe gab es 3 Mitfahrer, die Hobbygärtner sind und für die war das eine perfekte Nebenerscheinung. Begleitet von dem betörenden Duft der Lackzistrosen erlebten wir einen sehr sonnigen Novembertag. Stets wurden Ableger ausgebuddelt und in Wasserflaschen gepackt, in der Hoffnung, dass der herrliche Duft auch für zu Hause taugt. Wir machen einen Abstecher nach Cuba, ein weiterer Flecken der für sich beansprucht, dass Christoph Columbus ein Sohn der Stadt sei. Es war mittlerweile Mittag und Zeit für eine Nahrungsaufnahme. Manuela hatte uns bereits darauf vorbereitet, dass es im portugiesischen Hinterland kaum Restaurants gibt, so wie wir das kennen mit einer Karte und Auswahl. Sie bezeichnete es liebevoll als „Speiselokale“ wo die Mama kocht und wo es auch nur das gibt. Gesagt, getan, ein kleines Dorf, wir hielten an einer unscheinbaren Bar, wo ich niemals angehalten hätte. Was sich dann zeigte war im Hinterraum der Bar ein kleines, hübsch eingerichtetes Restaurant, es waren nur 4 Tische vorhanden, 3 davon belegt mit Einheimischen, der vierte Tisch jetzt mit uns. Abstandsregeln – ach ja da war doch noch was. Ich war begeistert über die Gastfreundschaft in diesem Raum, wir wurden umsorgt und gefühlt behandelt wie Könige. Das Gericht des Tages war typisch portugiesisch, gekochter Kohl mit Kartoffeln und ganz viel Fleisch, nicht mein Ding und daher lehnte ich ab. Ich machte mir den Spaß und schaute den anderen zu, wie sie sich durch dieses Essen kämpften und es ihnen auch geschmeckt hat. Ich begnügte mich mit Oliven und Käse, war mitten drin im Leben der Portugieser und fühlte mich echt glücklich. Planmäßig erreichten wir gegen 16:30 unser modernes Hotel im altehrwürdigen Evora. Stiefelbier, Zimmer beziehen, frisch machen und 1 Stunde später treffen wir uns zum Rundgang durch eine Stadt mit großzügig-feudalen Plätzen und kleinen Gässchen, gespickt mit kleinen Läden, die traditionelles Kunsthandwerk anbieten. Sogar ein Festkleid aus Kork gab es im Angebot. Den Sonnenuntergang erleben wir am Miradouro do Jardim Diana mit Blick über die Stadt und Ausblicken ins Alentejo. Mal wieder wurde mir bewusst, warum ich so gern bei ALMOTO meine Reisen buche. Es war noch ausreichend Zeit bis zum Abendessen, Manuela bummelte mit uns durch die Gassen, hatte Empfehlungen für kleine Einkäufe und ebenso auch eine ganz besondere Location für einen leckeren Drink. Ganz ehrlich, hier wäre ich definitiv vorbei gelaufen, ein kleiner Hinterhof mitten drin und die Empfehlung unserer Reiseleiterin sind wir gern gefolgt. Ein weißer Sangria, nicht zu süß, frisch zubereitet und die Zimtstange ein MUSS. Eine neue Erfahrung und ich kann sie nur empfehlen! Anschließend ging es zum Abendessen in einem Restaurant der Extraklasse. Klein und fein und viel zu viele leckere Vorspeisen plus noch besserem Hauptgang. Glücklich und satt von den Erlebnissen und leckerem Essen gibt es im Hotel noch eine Flasche Wein, erneut eine besondere Empfehlung von Manuela und vorreserviert. Ein Weißwein, der aus roten Trauben weiß gekeltert wird – danke für die Empfehlung, der Wein war jeden Schluck wert!

Dank der Umstellung von Sommer- auf Winterzeit plus Zeitverschiebung in Portugal von -1 h, fiel ich bereits um 5:00 morgens wieder aus dem Bett. So leise wie möglich zog ich mich an, schlich aus dem Zimmer um die Stadt beim Erwachen zu erleben. Studierende Einwohner gingen zu dieser Zeit überhaupt erst zu Bett, nach einer durchzechten Nacht. Ich erlebte einen atemberaubenden Sonnenaufgang am Agueduto da Agua de Prata und kehre beseelt zum gemeinsamen Frühstück zurück ins Hotel. Der  2. Tourentag führte uns durch endlose Olivenhaine, Korkeichenwälder und Weinberge soweit das Auge reicht und kaum befahrene Straßen. Mein Herz macht Sprünge nur das berühmte Alentejoschwein habe ich leider nicht gesichtet. Durch Plan D ändert sich nun das Routing. Vor uns liegt die Serra de Mamede, hier gibt es nicht ganz so viele Kurven, dennoch fand ich auch diese Gegend interessant. Erneut ein rustikales Mittagsessen (wir sind alle noch Papp Satt vom Abend vorher) beschließen wir den höchsten Gipfel den Sao Mamede zu erklimmen. Mit etwas über 1000 Meter Höhe war dieser nicht zu hoch, dafür aber richtig steil und der Weg dorthin gespickt mit wunderbaren Aussichten über den Naturpark. Nahe Portalegre beziehen wir ein stylisches Hotel Rural mit nur wenigen, dafür hochwertig eingerichteten Zimmern und einem Infinitypool mit Aussicht über den Naturpark. Mal wieder gibt es ein ausgewähltes Restaurant außerhalb der Unterkunft, die rasanten Taxifahrer kannten ihr Revier, nur wenige Zentimeter Luft an den Spiegeln rechts und links, da bekomme sogar ich Schnappatmung in dem Auto. Das Lokal war voll von Stierkampfbildern, was meine Zimmerpartnerin und Vegetarierin Karin nicht begeisterte. Das Abendessen war exzellent, klein und fein mit einem spanischen Touch und auch Karin hat ihr Essen gefunden.

Ein neuer Tourentag liegt vor uns und das Ziel ist die Atlantikküste. Mir war klar, dass wir uns in einer Zeit bewegen, die anders ist, als sonst. Ich folge dem Tourguide, hab Vertrauen und dann sollte der Rest auch passen, es gibt ja immer noch Plan E. Wir waren gut unterwegs bis uns im Kreisverkehr eine allgemeine Polizeikontrolle in den Ruhestand zwang. Ein Aufgebot an hübschen Frauen in Uniform, die teilweise mit deutschen Führerscheinen überfordert waren. Azubis und außer der Profiltiefe meines Hinterreifens hatten sie nicht viel auszusetzen. Auch das noch! Also hatte mich das gelegentliche kippelige Gefühl in den Kurven doch nicht getäuscht. Dazu kam, dass ich bei der Reise erstmalig in meiner Fahrerkarriere das Motorrad mit der kürzesten Reichweite hatte, was ich nicht wirklich prickelnd fand, so musste ich jetzt auch noch meinen Vermieter anstiften mir eine Werkstatt zu suchen, die einen passenden Ersatzreifen lagernd hat. Gleich nach Ankunft in einem weiteren Traumhotel (aus dem Zimmer wollte ich gar nicht mehr ausziehen) irgendwo im Nirgendwo nahe Grandola, begann ich den Reifenwechsel zu organisieren. Da war es wieder das Bedauern über mein aus Gutmütigkeit selbst gebuchtes Motorrad. Gepaart mit dem Wissen, das die ganze Gruppe am kommenden Tag erst mal einen halben Tag für meinen Reifenwechsel würde opfern müssen, war mir die Situation mehr als unangenehm. Als das außergewöhnlich leckere 3-Gänge Menü serviert wurde, war der Reifenwechsel nahezu organsiert.

Der nächste Tag war bestimmt mit Streckenänderungen, weil ich einen neuen Hinterreifen brauchte. Mir war das total unangenehm, ich konnte nichts dafür. Manuela sah das sportlich und meinte, wir kümmern uns jetzt darum und wenn wir die Strecke ändern müssen ist es nur eine Anpassung. Nach über 40 Touren in Portugal hat sie das Land „vermessen“ und findet immer den perfekten Weg für die Weiterfahrt. Nur 1,5 Stunden später erreichten wir den Händler, der Reifen wurde gewechselt und 45 Minuten später ging es weiter. Die Streckenänderung hatte die Folge, dass wir eine wunderbare Mittagspause hatten in einem Lokal direkt am Meer, frischer Fisch geht nicht frischer. Einige von uns versuchten sich allen Ernstes an frittierter Muräne! igittigitt. Für mich war an der Stelle die Zeit reif für eine vegane Pause. Das Fahrgefühl nach dem Reifenwechsel hat mich für den Ärger mehr als entschädigt. Endlich konnte ich das ganze Potential der Maschine ausschöpfen. Ein echtes Funbike! Nach weiteren fantastischen Küstenkilometern nähern wir uns dem Tagesziel Vila Nova de Milfontes. Seit gefühlt 30 Minuten fuhr Manuela wie der Teufel, ich weiß, dass sie gern zügig fährt, ich mach das auch gern mit, hier wäre zügig aber eine Untertreibung. Ich fürchtete schon es brennt aber was sie einfach perfekt einschätzen konnte, war den Sonnenuntergang an einem Punkt zu erleben, der seines Gleichen sucht. Wir duften ihn in vollem Umfang erleben. Ganz großes Kino!!! Erneut kamen wir in den Genuss einer knuffigen, sehr liebevoll geführten Unterkunft. Gleich in der Nachbarschaft ein klasse Restaurant mit ausgezeichneter, maritimer, portugiesischer Küche. Cataplana vom feinsten und Arroz con Tamboril (Seeteufel) für unsere vegane Mitreisende gab es wie immer ausgezeichnet zubereitetes Gemüse. Wir haben überall mal gekostet und ich könnte mich nicht festlegen was mir am besten schmeckte.

Ein neuer Tourentag und ich gönne mir einen ausgedehnten Strandspaziergang zum Sonnenaufgang. So sehr ich die Geselligkeit in der Reisegruppe schätze, so sehr liebe ich diese frühe Stunde für mich allein mit meiner Kamera und dem jungen Tag. Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg in die Sierra de Monchique. Kurven satt, Aussicht satt. Am höchsten Punkt angelangt ein Foto und Shopping Stopp. Mitbringsel für die Lieben daheim werden erstanden. Mit Bedauern sehe ich dass sich der Himmel am Horizont eintrübt. Wir pausieren in einem urigen Bergrestaurant und plötzlich war die Aussicht am Fenster verschwunden. Auf den zweiten Blick erkannte ich, der Regen hat so urplötzlich und stark eingesetzt, dass er uns wie eine Wand erschien. Ein Glück dass wir gerade im Trockenen saßen. Bei nachlassendem Regen machen wir uns wieder auf den Weg, müssen jedoch bald wegen starkem Gewitter und Hagel einen Stopp in einem witzigen Café am Straßenrand einlegen. Die Bestellung des Orangensaftes dauerte etwas länger weil gerade niemand zum Orangen pflücken in den Garten konnte. Das nenne ich mal frisch. Wieder wanderte ein Ableger, diesmal Oleander, in ein Topcase. Man muss die Feste einfach feiern wie und wo sie einem in die Hände fallen 🙂 Wir wagten uns wieder hinaus und fuhren bei erneuten Wolkenbrüchen bis Einbruch der Dunkelheit nach Tavira in unser Hotel. Triefend nass standen wir in der Hotelhalle und sehnten uns nach einer heißen Dusche. Das Zimmer hatte einen Balkon mit Wäscheständer so können wir Mädels unsere nassen Sachen einigermaßen trocknen. Ein Stiefelbier in der Roof Top-Bar mit Ausblick über die schöne Altstadt von Tavira. Danach ein kleiner Nachtspaziergang zu Manuelas Lieblingsrestaurant, Thunfischsteak der Extraklasse, auf den Punkt genau und nicht tot gebraten – eine perfekte Empfehlung, mal wieder und lecker.

Am letzten Tourentag schlief ich aus, so bis um Sieben 🙂 Wir frühstücken ausgiebig und machen uns bei schönem Wetter ein letztes Mal auf den Weg. Faro ist unser Ziel. Kann man in einer guten Stunde  erreichen, muss man aber nicht. Zu sehr locken die Berge im Hinterland der Algarve. Wir sind ganz alleine auf wunderbaren Kurvensträßchen unterwegs, ein letztes Mal Blümchen pflücken für die Zuchtversuche auf der heimischen Terrasse. Ein letzter Tankstopp irgendwo in den Bergen mit „erzwungener“  Kaffeepause weil der Tankwart erst um 12:00 öffnet. Manuela überreicht uns kleine Erinnerungsgeschenke. Ich frage mich, wie sie die Ruhe behält, es geht stets von A bis D und dennoch passt alles. Ich bin einfach dankbar dafür. Kaum hatten wir wieder unsere Bikes bestiegen meinte Petrus er müsse wieder Wasser und Blitze aus dem Himmel werfen. Schade dachte ich, die Strecken waren so fein ausgewählt. Es half alles Nichts, das Gewitter zwang uns nun doch dazu schnellstmöglich Faro anzusteuern. Unterwegs informierte ich meinen Motorradvermieter, dass ich früher ankomme als geplant. Schweren Herzens trenne ich mich von dem inzwischen liebgewonnen Funbike und packte meinen Koffer um. Der Vermieter fuhr mich zu unserem letzten kleinen und feinen Hotel. Ich will keinen Abschied nehmen! Nochmal nasse Klamotten verteilen, heiß duschen, ein wenig relaxen bei einem „Pingado“. Für den Rückflug einchecken (ich will nicht). Ein letzter gemeinsamer Bummel durch die sehenswerten Einkaufsstraßen in der Altstadt. Ein letztes phantastisches Abendessen. Eine letzte gemeinsam genossene Flasche Portwein (saulecker das Zeuch) Es war ein wunderbares Ende einer Tour, die für mich einzigartig bleibt.

Am frühen Morgen in einer Pushnachricht auf dem Smartphone sah ich, dass ab dem 08.11. die Reisewarnung des AA auf Portugal allgemein ausgedehnt wurde. Traurig, weil ich es nicht verstehe, weil ich hier niemals ein Risiko wahr genommen habe, ich fliege am 07.11. aber nur weil ich muss, dass das mal klar ist!!!!

Ich gebe zu ich bin ein nicht therapierbarer Wiederholungstäter, dies war meine 11. Motorradtour mit ALMOTO, ich habe noch keinen anderen Anbieter ausprobiert und habe es auch nicht vor.

Never change a running system!

In diesem Sinne freue ich mich auf die kommende Saison!

Viele liebe Grüße

Eure Carmen

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6 comments to “Winterflucht nach Portugal mit Plan A bis Plan F oder wieviel Lackzistrosen passen in einen Koffer?”
6 comments to “Winterflucht nach Portugal mit Plan A bis Plan F oder wieviel Lackzistrosen passen in einen Koffer?”
  1. Mensch Carmen, du hast so toll eure Reise in Portugal beschrieben. Ich bin begeistert und traurig, dass ich nicht dabeisein konnte.Ich wünsche dir alles erdenklich gute und natürlich eine Corona freie Zeit.
    In diesem Sinne Frohe Weihnachten
    Charly

  2. Hallo lieber Charly, vielen Dank. Wenn Du noch mit von der Partie gewesen wärst, das hätte noch mal eins in Top auf das wunderschöne Erlebnis gesetzt. Wenn das C- Chaos endlich vorüber ist dann nehmen wir das mit einer gemeinsamen Almoto-Reise in Angriff. Bis dahin Dir alles Gute bleib gesund. Ich wünsche Dir eine glückliche Vorweihnachtszeit im Kreis Deiner Lieben. Carmen

  3. Hallo Carmen, ich war bei der Winterflucht im März 2020 dabei, als diese C-Sache begann. Ich kann jedes Wort von Deinem Reisebericht nachempfinden und freue mich, dass auch Eure Gruppe – dank Manu und ihres unermüdlichen Enthusiasmus – trotz der widrigen Umstände eine unvergässliche Reise erleben durftet.
    Bleibt alle gesund, liebe Grüße
    Kerstin

  4. Liebe Carmen, du hast unsere Reise ganz toll beschrieben, man denkt sofort an die vielen schönen Erlebnisse zurück – vielen Dank!
    Anfangs hatte ich ein mulmiges Gefühl, in Zeiten von Corona zu verreisen, aber kaum waren wir in Faro angekommen, vergaß man alle Probleme und konnte einen tollen Urlaub genießen (und erst recht, als wir auf unseren Mopeds saßen).
    Danke auch nochmals an Manuela für die viele Arbeit mit dem ständigen Umbuchen, ich glaube aber, auch für dich war die Tour wieder mal eine schöne Abwechslung!
    Besonders toll fand ich auch Manuelas Ortskenntnis – du kennst ja super viele kleine Gaststätten mit landestypischer Küche, und natürlich gutem Wein!!!
    Viele Grüße auch an unsere Mitreisenden Karin und Micha. Ich wünsche allen einen Frohe Weihnachtszeit.
    Volker

    • Liebe Kerstin, mit großer Neugierde habe ich iin Zeiten des Wartens natürlich auch Deinen Reisebericht verschlungen. Dank Manuelas unermüdlichen Einsatzes den Traum für uns wahr werden zu lassen, war unser Urlaub zumindest für uns Gäste eine Spazierfahrt (wenn auch eine echt flotte ) Nicht zu vergleichen mit dem was im Frühjahr über Euch hereingebrochen ist. Hätte ich meine BMW über den Lockdown nicht bei mir zu Hause gehabt, wäre ich vermutlich verzweifelt. Ich bin unglaublich dankbar für das wunderbare Erlebnis in einer so kleinen Reisegruppe mit so tollen Menschen als Mitreißende. Viele Grüße auch an Karin (die sportliche Tierfreundin), Michael (ein Gentleman der alten Schule) und natürlich auch an Volker (stets hilfsbereit und empathisch) Es ist eine Bereicherung Euch kennengelernt zu haben. Dass unsere Manuela als Reiseleiterin ein Glücksgriff der Extraklasse ist möchte ich an dieser Stelle noch einmal betonen. Ich wünsche Euch allen eine besinnliche Weihnachtszeit in Gesundheit und vielen schönen Stunden im Kreise derer, die Euch am Herzen liegen. Bleibt gesund und frohgemut. Viele Grüße Carmen

  5. Wow ! Bin ich froh dass ich dabei war. Ich hätte mich nach diesem Bericht mega geärgert
    Toll geschrieben ! Es war absolut so. Der Stress vorher und die geniale Tour. Super vorbereitet und gefühlt 10x von Manuela geändert konnten wir für eine Woche Dem Corona Stress entkommen und Portugal bei -meist tollem Wetter – auf dem Motorrad genießen.
    Es hat mega Spaß gemacht und der Bericht von Carmen ist einfach Klasse

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