Die klassische Saison eines deutschen Motorradfahrers startet im März und endet im Oktober. Ich zähle mich nicht zu den Klassikern, für mich geht es durchweg von Januar bis Dezember und das fühlt sich ehrlich gesagt auch richtig gut an. Ich möchte keinen Neid, es ist eben mein Job und den mach ich gern, auch wenn er gelegentlich anstrengend ist. Am Ende ist es ein toller Job und ich freue mich auf jede einzelne Tour.
Mittlerweile habe ich die vielfältigsten Bonuskarten für Vielflieger. Spanien ist mein Hauptreiseziel und meine Wahlheimat. Ein Flug nach Malaga oder Almeria ist so normal, wie der tägliche Gang zur Toilette. Er ist Routine und meine Flugangst habe ich längst überwunden. Einsteigen, abheben, schweben, ankommen. Auf Turbulenzen bin ich eingestellt auch wenn ich gern darauf verzichten kann.
Wie so oft begann meine Winterflucht Almeria vor 2 Wochen mit dem Flug von Dresden nach Düsseldorf. Ein Flug der so normal ist, wie er nur sein kann, war er aber nicht. Ein gewohnter Check-in, ein gewohnt ruhiger Flug aber leider keine gewohnte Landung. Normalerweise wähle ich einen Platz am Gang, dieses Mal wählte ich ausnahmsweise einen Fensterplatz. Warum? Der Flieger startet 6:15 Uhr, mein Wecker schellte 3:30 Uhr, das Taxi stand 4:45 Uhr vor meiner Tür und ich wollte im Flieger einfach nur schlafen. Bei einem Platz am Gang bringt das nur schwere Hals- und Gelenkschmerzen mit sich, weil der schwere Kopf, der sich unablässig nach einer Lehne sehnt, die es nicht gibt, hin und her bewegt und keine Ruhe findet. Selbst schon erlebt? Ich meine ja, das kennen wir alle und an entspannten Schlaf ist nicht zu denken. Ein Platz am Fenster bietet zumindest die Gelegenheit den müden Kopf an die Bordwand zu lehnen und ein bisschen Schlaf zu finden. Den Schlaf fand ich dennoch nicht, was machst du dann? Du schaust einfach nur aus dem Fenster und erlebst eine Aussicht, die für einen Vielflieger ganz normal ist. Über den Wolken, wo die Freiheit so grenzenlos ist……
Die Wirklichkeit kann dich hier recht schnell einholen, Landeanflug Düsseldorf, 2 Meter noch bis zum Aufsetzen, alles normal und dann plötzlich startet der Flieger durch, bricht den Landeanflug ab, gibt Gas und startet durch. Es sind Millisekunden bis du das realisierst, was hier gerade passiert. Es kehrt eine unheimliche Stille ein im Flieger, 15 Minuten später kommt die Durchsage des Kapitäns: “Es wäre keine sichere Landung geworden und aus dem Grund haben wir uns entschieden einen neuen Landeanflug vorzunehmen”. Na ja, hatte ich bisher noch nicht und brauche das auch nicht noch einmal. Die nächsten 20 Minuten waren die Hölle und vor allem der erneute Landeanflug, der Flieger schwebte wie durch einen Sturm und der Landeanflug war ein Versuch, der am Ende gut ausgegangen ist und der ganz sicher nicht im Standardprogramm so vorgesehen ist.
Von Düsseldorf ging es nach Madrid und weiter nach Almeria. Es gibt Airlines, die können es und es gibt Airlines, die können es nicht. Dazu gehört Iberia, leider die Airline, die Almeria bedient. Der Aufenthalt in Madrid betrug 30 Minuten und der Wechsel zum nächsten Terminal war mehr als sportlich. Am Gate angekommen traf ich unseren ersten Gast für die Tour. Michael ist ein Stammgast und wir freuten uns über das Wiedersehen. Den Flieger erreicht und in Erwartung auf das, was kommt, entspannte ich 3 Stunden. Die Entspannung endete mit der Ankunft in Almeria. Kennst du das Gefühl am Gepäckband zu stehen, es dreht sich und dreht sich und irgendwann hört es auf sich zu drehen, ist ja ok aber nicht wenn deine Tasche noch nicht da ist. Willkommen in der Realität!
Anstellen am Lost & Found Schalter, Verlust aufgeben und mit der freundlichen Aussage, dass die Tasche doch morgen mit dem Flieger aus Madrid ankommen würde ins Hotel fahren. Ach ja, für die Fahrt zum Hotel war ein Mietwagen gebucht, bereits bezahlt und sollte kein Problem sein. War es aber doch bei Abholung, keine Vollkasko gewünscht und damit 1200,00 Euro Kaution über die Kreditarte fällig. Die Kreditkarte verweigerte sich leider und ohne diese Kaution kein Mietwagen! Ein Anruf bei der Kreditkartenfirma, Klärungsbedarf und 10 Minuten später funzte alles. Willkommen in Almeria, angekommen zur Winterflucht. Dachte ich, das Chaos sollte doch endlich mal ein Ende finden, tat es nicht. Schäden am Mietwagen, die nicht im Vertrag angegeben waren, Vorfahren an der Mietstation, erneutes Protokoll zu den Schäden und nun sollte diese Reise endlich losgehen. Danke an unseren Gast Michael, dass du das alles so entspannt mitgemacht hast!
1 Stunde später Ankunft im Hotel, zum Glück gibt es hier einen Supermarkt, der mir die nötigsten Einkäufe gewährt hat, Zahnbürste & Co. waren schnell gefunden und das Survival Pack musste bis morgen reichen. Geschätzte Ankunft im Hotel war 18:00 Uhr, tatsächliche Ankunft war 20:00 Uhr. Was soll es? Wir sind hier, keine Zeit für Traurigkeit, es liegt eine schöne Zeit vor uns und improvisieren bin ich gewohnt. Gemeinsam mit unserem Gast Michael gingen wir auf “Nahrungssuche” und verbrachten den Abend in einem wunderschönen Restaurant am Meer.
Gegen 22:00 Uhr meldeten sich die nächsten Gäste, angekommen im Hotel. Auch hier kannte ich jeden einzelnen von ihnen, lieb gewonnene Gäste und nach einem schnellen Check-in im Hotel verbrachten wir den Rest des Abends bei einem lecker Essen und dem einen oder anderen Bier. Mein Dank an all die Gäste, die mir ihre T-Shirts und weitere Dinge für das “Überleben” ohne Reisegepäck angeboten haben.
Nach einem ausgiebigen Frühstück ging es an die Übergabe der Motorräder. Der Tag erwartete uns mit 20 Grad und Sonne satt. Zum Glück ist meine Motorradausstattung vor Ort deponiert, so dass der Tour, trotz fehlender Tasche, nichts im Wege stand. Der heutige Tag stand ganz im Zeichen von “Ankommen und Kennenlernen”, eine Tour entlang der Mittelmeerküste mit endlosen Kurven und Bergen. Wir hatten viel Fahrspaß und vor allem hatten wir ein perfektes Wetter! Am Nachmittag trafen wir die restlichen Gäste für die Tour an der Rennstrecke Almeria. Die Box mit den Motorrädern wurde vorbereitet und 2 Stunden später war alles perfekt für die Winterflucht “Best OF”, morgen konnte es losgehen.
Der nächste Tag war ein bunter Mix, Gäste für die Straßentouren, Gäste für die Rennstrecke. Unser Instruktor fuhr mit den Gästen der “BEST OF” zur Rennstrecke und ich startete mit unseren Gästen für die Straßentouren. Entlang dem Gabo de Gata befuhren wir endlose Kurvenstrecken und hatten dabei ständig das Mittelmeer im Blick. Eine entspannte Kaffeepause in Carboneras direkt am Meer bei 18 Grad und Sonne satt sorgte für die entsprechende Stimmung. Nach weiteren 100 km durch kurviges Hinterland die erste Mittagspause in Spanien, kleine Tapas verwöhnten unseren Magen und irgendwie schien hier die Zeit stehen zu bleiben. Aus geplanten 45 Minuten wurden entspannte 1,5 Stunden, die Sonne und das entspannte “Hier zu sein” war für unsere Gäste Urlaub pur und im Urlaub lässt man sich bekanntlich viel Zeit.
Am Nachmittag besuchten wir die anderen Gäste am Circuit de Almeria. Auch für “Nicht-Rennstreckenfahrer” ist er immer ein Besuch wert. Der Empfang war sehr herzlich und ich schaute nur in lächelnde Gesichter, prima, “Da scheinen wir ja alles richtig gemacht zu haben” dachte ich mir und es ist das Schönste was du als Veranstalter erleben kannst, zufriedene Gäste. Sie haben nicht nur gelächelt, sie haben geleuchtet, die Augen in den Gesichtern und die Mundwinkel reichten bis an die Ohren.
Die weiteren Tourentage waren genau was, was uns als Veranstalter Freude bereitet. Ein Teil der Gruppe erlebte phantastische Motorradtouren bei Sonnenschein, genoss die wunderbare Küche und Gastfreundschaft im Hinterland und der der andere Teil der Gruppe hatte Spaß auf der Rennstrecke – für alle stressfrei und verbunden mit dem Gefühl von Urlaub.
Jeden Abend ging es gemeinsam auf Streifzüge durch unseren kleinen Ort am Mittelmeer, jeden Abend genossen wir die spanischen Spezialitäten der kleinen Restaurants am Mittelmeer. Alle Gäste hatten viel zu erzählen, es wurde viel gelacht und uns wurde ganz sich nicht langweilig.
Irgendwann geht eine Reise immer zu Ende und das ist der traurige Moment, wo es heißt Abschied zu nehmen. Nach dem letzten Tourentag wurden alle Motorräder einer gründlichen Wäsche unterzogen, die Box an der Rennstrecke geräumt und für die nächste Winterflucht alle Motorräder in der Garage verstaut. Ein Abschied, der gar nicht so einfach war.
Ein letzter gemeinsamer Abend in geselliger Runde und wenn wir uns in einer Sache einig waren: Es gibt definitiv eine Wiederholung, für einen Kurztrip zwischen den anstrengenden Wintertagen ist Almeria perfekt.
Auch wenn unsere Gäste die unterschiedlichsten Flugzeiten/ Abfahrtzeiten hatten, die einen eher früh, die anderen etwas später – so zeigten sich alle solidarisch und wir entschieden uns für ein letztes, gemeinsames Frühstück. Schon bald hieß es „Goodby” und unsere Wege trennten sich, bzw. unsere Gäste trennten sich von mir. Ein Abschied, der immer schwer fällt und wo das Wiedersehen umso mehr Freude macht.
Für mich persönlich ist so ein Abschied immer sehr schwer, ganz besonders, wenn mir die Gäste ans Herz gewachsen sind. Mich dann auch noch an so einem Tag von meiner Wahlheimat Spanien zu verabschieden wäre nur sehr schwer zu verkraften. Aus dem Grund habe ich mich entschieden, bei jeder Tour grundsätzlich erst einen Tag später abzureisen. Damit bleibt mir Zeit mich in Ruhe von all unseren Geschäftspartnern, den Bekannten vor Ort, dem Chef unseres Lieblingsrestaurants und vor allem von Spanien zu verabschieden. Es ist immer ein leiser Abschied und ich erinnere mich dabei gern an die gemeinsamen Stunden mit den Gästen.
Mein letzter Tag, pünktlich am Flughafen Almeria angekommen, Mietwagen abgegeben, Check-in vollzogen und Boarding sollte 13:20 Uhr sein. Es wurde mittlerweile 13:20 Uhr, noch immer war kein Flugzeug auf dem Rollfeld in Sicht. Zur Erklärung: der Flughafen ist sehr schön und auch sehr modern, allerdings auch sehr klein. Bei Ankunft und Abflug müssen die Fluggäste vom Gate zum Flieger auf dem Rollfeld laufen, hier landen nur wenige Flieger am Tag und alles ist sehr übersichtlich. Mir war klar: Es wird mal wieder nix mit einem pünktlichen Abflug und mein Anschlussflieger in Madrid wird sportlich. Es war mir egal, es war nicht das erste Mal und bei Iberia scheint das üblich zu sein.
13:40 Uhr die ersichtliche Landung des Fliegers, alte Passagiere raus, neue Passagiere rein. Keine Zeit für eine Reinigung, entsprechend sah es im Flieger aus. Von mir aus hätte der Flieger auch gar nicht erst landen brauchen, ich wäre gern noch etwas länger hier geblieben! Er ist gelandet und er ist gestartet, der Kapitän gab Vollschub und mit nur 15 Minuten Verspätung landete ich in Madrid. Jetzt wurde es sportlich, wusste ich doch! “Boarding” für den Anschlussflug und mit flinken Füssen erreichte ich das Gate in letzter Minute. Puh!
Für mein Handgepäck sein kein Platz mehr im Flieger wurde mir gesagt, voll gebucht, schon im “Finger” stehend, wieder zurückgeholt musste ich mich von meinem Handgepäck über eine Rutsche verabschieden. Das kann jetzt nicht wahr sein, dachte ich! Warum müssen immer nur alle Passagiere ihre riesigen Koffer als Handgepäck mitnehmen, ich finde hier sollte es endlich mal eine neue Regelung geben!
3 Stunden Flug bis Düsseldorf und ich versuchte mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass mein Handgepäck und auch mein Gepäck NICHT in Düsseldorf auf dem Band sein werden. Es wollte mir nicht gelingen und irgendwie war die Erholungsphase der letzten Woche dahin.
Landung in Düsseldorf und ich hatte keine Eile zum Gepäckband zu kommen, ich erwartete einfach NICHTS und aus dem Grund bog ich erst einmal ab in die “Camel Lounge”. Eine Zigarettenlänge später der Weg zum Gepäckband ohne Erwartung und “Hola” was macht da die Runde? Mein Handgepäck und auch meine Reisetasche. Es geschehen ja noch Wunder! Wie auch immer es Iberia geschafft hat meine Reisetasche innerhalb von 10 Minuten in den Flieger nach Düsseldorf zu bekommen, sie haben es geschafft und endlich hatte mein Trauma von verlorenem Gepäck ein Ende gefunden.
Wenige Stunden später brachte mich Airberlin nach Dresden und ich war wieder zu Hause, zu Hause in einem kalten Deutschland und voller Wehmut nach Spanien.
Der Schreibtisch ist voll, es gibt genug zu tun und Arbeit lenkt ab, sagt man. Allein schon das Sortieren der Bilder der Tour und das Hochladen in unsere Bildergalerie lässt Erinnerungen wach werden. Das Jahr hat 365 Tage, davon habe ich in diesem Jahr 88 Tage in Spanien verbracht, macht 1/3 des Jahres aus. Warum nur fällt mir das so schwer? Leute ich will hier weg, ich will zurück nach Spanien! Könnt ihr das verstehen?
In dem Sinne freue ich mich ganz besonders auf jeden Gast, der sich für unsere Spanientouren entscheidet. Dann darf ich wieder dort sein, wo ich mich zu Hause fühle 🙂
Eure Manuela
Liebe Manuela,
das hast Du sehr schön geschrieben, genau so war es!
Ich konnte mich in jeder Zeile wiederfinden. Es waren fantastische Tage in Almeria die geholfen haben, die kalte Jahreszeit besser durchzustehen.
Vielen Dank für Dein perfektes “guiding” und die Zeit in der die Leichtigkeit des Lebens, bei viel Sonne und perfekten Temperaturen, deutlich zu spüren war! Kurzum, es war zu kurz und ich könnt schon wieder….Gute Fahrt in 2016 wünscht, Ronald
Hallo Manuela,
heute morgen als ich zur Arbeit ging, hab ich an die wunderschönen Tage in Andalusien gedacht und mir kam es vor als läge ein Traum hinten mir.
Wieder zurück in der dunklen, kalten und tristen Wahrheit des Alltags!
Das Erlebnis war wie immer viel zu kurz!
Mir hat es sehr viel Freude bereitet mit Dir, Ronald, Barbara und Michael auf Tour zu gehen.
Auch der Tag auf der Rennstrecke hat mir einige neue Erfahrungen gebracht und wie immer werd ich die ganzen schönen Momente der Tour gerne in mein Gedächtnis zurück rufen.
Verbleiben möchte ich mit den besten Wünschen an Dich und alle anderen unserer gemeinsamen Tour und das wir uns fit und munter im nächsten Jahr wieder sehen.
Frohe Weihnachten und einen guten Start ins neue Jahr wünscht allen Steffen
Ihr beiden,
lieben Dank für eure Zeilen und ich freue mich immer, wenn die Tour Spaß gemacht hat. Bis zur kommenden Saison wünsche ich euch eine kurzweilige Wartezeit und hoffe auf ein Wiedersehen!
Hallo Manuela,
gut geschrieben bin mir sicher Du kommst bald wieder in Deine Wahlheimat :-). Habe wieder zwei super Tage auf der Rennstrecke verlebt, wie immer war alles perfekt organisiert. Danke an Mike für die Betreuung er macht das echt super und man lernt jedes mal eine Menge hinzu!
Wünsche allen ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr
Gruß Christopher
Hallo Christopher,
auch uns hat es viel Spaß gemacht und wir freuen uns auf weitere Rennstreckentrainings mit dir!
Frohes Fest und komm gut in das neue Jahr!