Die wohl perfekte Reise durch Norwegen – besser geht nicht!

IMG_6105Wir bedanken uns bei Rudi für diesen tollen Reisebericht – besser lässt sich unsere Motorradtour durch Norwegen nicht beschreiben!

Es ist Sonntagmittag, es regnet in Strömen und ich stehe in Kiel am Oslokai. Was ich hier mache? Es ist der Start zu einer 10-tägigen Motorradreise durch ein Land was mich schon immer begeistert hat und jetzt endlich von mir „erfahren“ werden möchte. 10 Tage sind nicht wirklich viel Zeit und ich hatte lange überlegt auf welche Art und Weise ich es jemals bereisen möchte. Es gibt die unterschiedlichsten Möglichkeiten dafür, allein unterwegs zu sein ist langweilig, erlebst du doch jeden Tag neue Eindrücke und hast niemanden mit dem du das teilen kannst.

Bei meiner ausgiebigen Recherche im Internet wurde ich fündig. Eine organisierte Motorradreise durch Südnorwegen mit all den Annehmlichkeiten, die sich ein Biker Ende 40 gern erlaubt. Abenteuer klingt gut, aber ganz so abenteuerlich muss es dann doch nicht sein dachte ich mir. Meine Wahl war getroffen und so buchte ich die 10-Tagestour bei ALMOTO Motorrad Reisen.

Heute nun war genau der Tag an dem die Tour starten sollte. Der Treffpunkt war Kiel und 14 Uhr sollte unsere Fähre auf große Reise gehen. Der Treffpunkt am Kai war schnell gefunden und ich war nicht der erste Gast dieser Gruppe. Nach einer herzlichen Begrüßung erhielt ich alle wichtigen Dokumente für die Überfahrt und nun hieß es abwarten. Es regnete noch immer wie verrückt und die Wettervorschau sah auch nicht wirklich gut aus, egal ich habe mich für die Tour entschieden und wusste was mich erwarten kann. Jetzt mach ich das Beste daraus! Nach und nach fanden sich alle Gäste unserer Reise ein und ich war überrascht von der bereits jetzt herrschenden Herzlichkeit unter den Teilnehmern. Ichkannte keinen der anderen Teilnehmer und fühlte mich trotzdem sofort wohl in dieser Gruppe. Das Team von ALMOTO bestand aus 3 Leuten, unserem Tourguide Bernd und Manuela und Rene im Begleitfahrzeug. Gepäckstücke wurden im Begleitfahrzeug verstaut und kurze Zeit später ging es los. Unsere Motorradgruppe durfte recht schnell auf die Fähre einfahren und nachdem uns der entsprechende Stellplatz zugewiesen wurde, gab unser Tourguide Bernd alles, um uns beim Verzurren der Motorräder zu helfen.

Die Kabine wurde dank Einweisung schnell gefunden, raus aus der Motorradkombi, rein in bequeme Klamotten und ab aufs Deck um die Ausfahrt zu erleben. Leider gab es da nicht so viel zu erleben, weil es noch immer stark regnete und Unterstellmöglichkeiten kaum gegeben waren. Also entschloss ich mich die Fähre zu erkunden und begab mich wieder in den inneren Kern dieses gigantischen Schiffes. Es war für mich die erste Überfahrt mit einer Fähre der Color Line und ich war begeistert von all den Annehmlichkeiten dieser Fähre, Restaurants, Shops, ein Casino – es fehlte an nichts und zur Einstimmung gönnte ich mir ein kühles Bier in einem der zahlreichen Restaurants. 8,00 Euro für so ein Bier sind nicht wirklich preiswert, aber was soll es, ich habe Urlaub und den möchte ich in vollen Zügen genießen!

Den Abend verbrachten wir gemeinsam in einem der zahlreichen Restaurants, es gab ein Briefing um auf die nächsten Tage gut vorbereitet zu sein und so langsam lernte ich einzelne Gäste der Reise näher kennen.

Meine erste Nacht auf einer Fähre verbrachte ich besser als gedacht, das sanfte Schaukeln der Fähre erinnerte mich an meine Kindheit und recht schnell versank ich in den Tiefen eines erholsamen Schlafes.

Ein neuer Morgen und vor allem ein neuer Tag voller Überraschungen erwachte. Frisch gestärkt am Frühstücksbuffet sollten jetzt spannende Tourentage folgen. Nach 30 Minuten Wartezeit verließen wir als komplette Gruppe die Fähre und sammelten uns am vereinbarten Treffpunkt am Kai. Oslo begrüßte uns mit Sonnenschein und 15 Grad, wer hätte das gedacht? Die Stimmung in der Gruppe stieg, Norwegen wir kommen! Nachdem die letzten Gepäckstücke im Begleitfahrzeug verstaut wurden trennten sich unsere Wege, das Begleitfahrzeug zog los und wir sollten es bald wieder treffen.

Die Fahrt aus Oslo heraus gestaltet sich als unkompliziert. Bernd fuhr ein gutes Tempo und schnell hatten wir die Europastraße 18 hinter uns gebracht. Jetzt ging es entlang kleiner Nebenstrecken und die ersten Ausblicke stimmten mich auf dieses Land ein. Typische Ortschaften mit ihren farbigen Holzhäusern ließen mich in Norwegen ankommen. 1,5 Stunden später leuchtete uns bereits das Begleitfahrzeug von ALMOTO entgegen. An einem idyllischen Rastplatz am See war das Pick Nick bereits aufgebaut und der erste Hunger zur Mittagszeit wurde gestillt. Eine Stunde später ging es weiter.

Unsere Tour führte uns durch das Valdres Tal. Die abwechslungsreiche Landschaft dieses Hochgebirges beginnt mit den hügeligen Wäldern in Begnadalen und führt auf kurvenreichen Strecken hinauf bis zu den schneebedeckten Bergen des Jotunheimen Nationalparks. Diese Gipfel sollten allerdings erst morgen von uns „erfahren“ werden und schon jetzt war ich begeistert von den bisherigen Ausblicken auf diese wundervolle Landschaft.

Gegen 17:30 Uhr erreichten wir unseren ersten Campingplatz. Wer dabei an Camping denkt hat sicherlich Bilder von einfachen Plätzen im Kopf. Das war hier ganz und gar nicht der Fall, ich war begeistert. Direkt am Strandefjorden gelegen, erwarteten und komfortable Hütten. Die Motorräder konnten direkt davor geparkt werden und nur 50 Meter trennten uns vom Wasser. Zur Begrüßung gab es für alle Gäste ein Radler und erste Emotionen wurden ausgetauscht. Das Gepäck war bereits an den Hütten bereit gestellt und nach einer erfrischen Dusche genoss ich das Hiersein auf der Terrasse meiner Hütte. Die idyllische Ruhe, der Ausblick auf den Fjord und vor allem die Vorahnung auf die kommenden Tage ließen mich hier endlich ankommen und all das einfach nur genießen.

2 Stunden später wurde zum Abendessen gerufen. Was wird mich erwarten? Fast Food aus der Konserve? Nein, ganz im Gegenteil, Manuela vom Begleitteam erklärte uns, dass jedes Abendessen unter dem Motto eines Landes stehen wird, was in deren Tourenprogramm angeboten wird. Für heute war das Motto Deutschland, hier sind wir gestartet und ein Menü aus frischem Gurkensalat und hausgemachten Gulasch mit Rotkohl und Knödel hat die Versprechungen voll erfüllt! Ich genoss all diese Annehmlichkeiten und freute mich über die unkomplizierten Gespräche mit all den anderen Teilnehmern.

Es war bereits 23 Uhr und das wurde mir auch erst beim Blick auf die Uhr bewusst. Es ist noch immer taghell und der Himmel glühte seit Stunden durch den nicht endend wollenden Sonnenuntergang. Tickt meine Uhr nicht richtig? Es ist Mittsommernacht, da wird es nicht dunkel- wurde mir erklärt und schmunzelnd musste ich gestehen, daran hatte ich gar nicht gedacht! Das Tageslicht bis weit nach Mitternacht machte es mir schwer ins Bett zu gehen. Irgendwann hatte ich es doch geschafft meinen Schlafplatz einzunehmen und wurde bereits morgens 4 Uhr durch die aufgehende Sonne wieder geweckt, die direkt in meine Fenster schien und mir wohl sagen wollte, dass es Zeit ist aufzustehen und dieses Land in vollen Zügen zu genießen. Das tat ich dann auch und selbst wenn ich scheinbar der erste Gast auf diesem Campingplatz war, der um diese Zeit wach war, genoss ich die Ruhe, die Aussicht und vor allem die Freude auf alles was da noch folgend sollte.

Pünktlich ab 8:00 Uhr gab es Frühstück und ich war begeistert davon. Es fehlte an nichts und in keinem 5 Sterne Hotel könnte ich mir solch ein Frühstück mit Seeblick und bei Sonnenschein besser vorstellen. Ich fühle mich gut aufgehoben und war glücklich mit meiner Wahl diese Tour gebucht zu haben.

9:00 Uhr starteten wir zur unserer Tour. Kurze Zeit später eröffnete sich uns der erste Wasserfall, genau das was ich mit Norwegen verbinde. Da muss ich unbedingt anhalten und Fotos machen dachte ich. Unser Tourguide Bernd bemerkte das recht schnell und meinte zu mir „Du wirst noch so viele und vor allem größere Wasserfälle sehen- das musst du jetzt noch nicht in Bildern festhalten“. Ich war erstaunt, vertraute ihm und im Nachgang sollte er recht behalten.

Der erste Teil unserer Tour führte uns in das Jotunheimen Gebirge. In Fagernes gestartet bei Sonnenschein und 15 Grad ging es recht schnell mit ständig anwachsenden Höhenmetern aufwärts.

Das Thermometer auf meiner GS zeigte nur noch 12 Grad und die Schneedecken rechts und links der Strecke wurden immer dicker.   Hallo? Wir haben Mitte Juni und noch so viel Schnee? Beim nächsten Stopp erklärte uns der Tourguide, dass Norwegen seit 70 Jahren den kältesten Mai erlebt hat und deshalb das Frühjahr einen Monat zu spät einsetzte. Ich war froh, dass die Straßen trotzdem so erstklassig freigeräumt waren und mit dem Motorrad gut zu befahren waren. Trotz Hauptsaison waren die Straßen wie leergefegt, die gewählte Route sehr kurvenreich und immer wieder tauchten rechts und links kleine blaue Seen auf, die sich gerade vom Eis befreiten. Ein wunderbarer Anblick!

Wir legten einen kurzen Stopp in Beitostolen ein, ein kleiner Wintersportort mit zahlreichen Shops und Boutiquen, wo wir uns mit einem Kaffee aufwärmten. Das Begleitfahrzeug überholte uns und wenn ich jetzt wählen könnte würde ich eigentlich lieber im beheizten Auto sitzen, egal, es kann ja nur noch besser werden! Ab hier ging es fortan aufwärts was die Höhenmeter anging, abwärts ging es auf meiner Temperaturanzeige und bei 1400 Metern Höhe angekommen zeigten sich nur noch 10 Grad auf der Anzeige. Zu Hause würde ich bei diesen Temperaturen niemals auf das Motorrad steigen, hier musste ich jetzt durch und trotz kalter Temperaturen fühlte ich mich in meiner Vanucci Textilkombi mit dem eingeknüpften Thermofutter ganz wohl, ich hatte eben gut vorgesorgt! Mit jedem Höhenmeter, den es jetzt abwärts ging wurde es wärmer und am Ende war ich doch zufrieden mit der Situation, wer kann das schon so hautnah erleben?

Die weitere Tour führte uns durch den Rondane Nationalpark, er ist der älteste Nationalpark in Norwegen und hier gibt es zehn Berggipfel mit über 1200 Metern Höhe. Trotz Sonnenschein von oben wollte das Thermometer meiner GS nicht die 10 Grad Marke überwinden. Es war mir in dem Moment einfach egal, die Berge wurden immer größer und die Aussichten immer genialer. So hatte ich mir Norwegen vorgestellt! Wir mittendrin auf kurvenreichen Straßen, kein Verkehr und hinter jeder Kurve eine neue Überraschung. Unser Tourguide verstand sein Handwerk, wir machten Stopps an wirklich schönen Aussichten und am Ende der Tour war ich trotzdem froh endlich angekommen zu sein. Mächtig durchgefroren in Dombas angekommen hatte ich die Wahl zwischen einem erfrischen Radler oder einem Tee – ich entschied mich für das Radler, Tee ist eher etwas für Langweiler!

Unser Begleitteam hatte bereits alles vorbereitet. Das Gepäck stand bereit und die heutige Tour wurde nun in allen Facetten ausgewertet. Ja das ist Norwegen und es ist einfach schön hier zu sein!

Der nächste Tag begrüßte uns mit Sonne satt und beim Frühstück wurde die anstehende Tagestour vorgestellt, die sich unglaublich toll anhörte. Wie jeden Morgen starteten wir pünktlich 9:00 Uhr. Der erste Stopp folgte in Kürze direkt im Ort Dombas. In dem kleinen, stark belebten Örtchen konnten wir in den zahlreichen Shops, die typischen kleinen Souvenirs einkaufen, die wohl jeder Tourist jeder bei so einer Reise gern als Andenken mit nach Hause nimmt. Mitten vor dem Einkaufszentrum befindet sich ein 2 Meter großer Troll und kein Mensch wundert sich hier mehr, dass er so dicht von den Touristen belagert wird für jegliche Fotomotive. Ich zählte mich auch dazu und ein Foto mit mir und dem Troll war einfach ein MUSS.

Weiter ging unsere Fahrt durch das mit wunderschönen Orten gespickte Romsdal, ein Tal immer enger werdend, hinter jeder Kurve boten sich neue Aussichten und die versprochenen Wasserfälle wurden auch immer häufiger, größer und schöner. Ab hier sollte sich die Weiterfahrt im halbstündlichen Rhythmus steigern. Wie für jeden Tourist der Südnorwegen bereist, war auch für uns eine Fahrt zu den Trollstigen ein absolutes Muss. Nichts für schwache Nerven, denn an der steilen Felswand kleben 11 Haarnadelkurven mit 12% Steigung und führen hinauf zur Passhöhe auf 850 Metern Höhe. Eigentlich keine Höhe, die einem Angst machen sollte, anspruchsvoll macht es die Strecke besonders wegen der zahlreichen entgegen kommenden Wohnmobile die sich talwärts bewegen und keine Ahnung haben wie sie am besten die Vielzahl an Kurven befahren ohne die gesamte Spurbreite in Anspruch zu nehmen. Leitplanken gibt es hier nicht und die Abhänge kamen mir so einige Male gefährlich nah. Mein Adrenalinpegel stieg, nicht nur wegen der Auffahrt, auch die Aussicht war grandios, fast in jeder Kurve stürzten Wasserfälle in die Tiefe und wie gern hätte ich einfach mal nur angehalten und die Aussicht genossen, bei dem Verkehr war es leider nicht immer möglich, wollte ich doch heil oben ankommen!

Oben angekommen entdeckte ich auch gleich unser Begleitfahrzeug und gesellte mich dazu. Ein neu gebautes touristisches Informationszentrum und 2 phantastische Aussichtsplattformen direkt über dem Wasserfall Stigfossen, der die Bergwand in Richtung Tal mit tosender Gewalt hinunter rauscht, warten hier auf die Besucher. Ich bin kein Freund von Kitsch und typischen Postkartenmotiven, aber das wollte ich mir nicht entgehen lassen und der kleine Fußmarsch zur Aussichtsplattform war seinen Weg wert. Umgeben von gewaltigen Bergen stehe ich hier auf einer freitragenden Plattform und mir läuft eine leichte Gänsehaut über den Rücken. Ich genieße die Aussicht auf diese, wohl meistbesuchte, Sehenswürdigkeit Norwegens und vor allem die kurvige Passstraße, die ich gerade hinter mich gebracht habe.

Nach all den Emotionen und Eindrücken fuhren wir weiter in Richtung Geiranger. Noch immer ging es höhentechnisch bergauf und temperaturtechnisch bergab. Es wurde deutlich kühler und unser Weg wurde gesäumt von immer größer werdenden Schneewänden. Die Straße selber war perfekt freigeräumt und es war für mich ein beeindruckendes Erlebnis auf trockener Fahrbahn unterwegs zu sein und durch 3 Meter hohe Schneewände zu fahren. Der letzte Winter hier muss wirklich hart gewesen sein.

30 Minuten später ging es merklich bergab, der Schnee rechts und links wurde weniger und wie aus dem Nichts auftauchend wurde es grün, als hätte hier jemand eine Schranke geöffnet und gemeint ab jetzt ist Frühling. Die Sonne schien hoch am Horizont und endlich konnte ich die Heizgriffe meiner GS abschalten. Ich fühlte mich wohl und genoss den Kurvenzauber der nun folgte. Ich muss gestehen es war nicht einfach sich auf all das zu konzentrieren was nun folgte. Wasserfälle säumten ständig unseren Weg, die Sonne drückte mit aller Macht von oben und immer wieder fuhren wir entlang glasklarer Fjorde, worin sich die Landschaft und vor allem die Berge spiegelten. Eine kurze Fährüberfahrt über den Nordfjord und schon ging es weiter mit den Kurven. Ständig hätte ich anhalten können um diese Momente festzuhalten, aber irgendwann wollten wir ja auch mal ankommen. Angekommen in diesen wunderbaren Land war ich bereits vor Tagen, aber was mich wirklich ankommen lies, war der Moment, als wir auf den Geirangerfjord zufuhren. Schon von der Hochebene aus boten sich Ausblicke auf diesen Fjord, Sonnenschein, tiefblaues Wasser und mittendrin ein vor Anker liegendes Kreuzfahrtschiff. Schon wieder ein Postkartenmotiv! Mit jeder der bergab führenden 11 Spitzkehren der Adlerstraße, auf norwegisch Ørnevegen genannt,musste ich mich mehr und mehr konzentrieren um nicht den Blick auf die Straße zu verlieren. Es ist der steilste Abschnitt der Straße, wo sich die RV 63 von Eisdalen hinab zum Geiranger windet. Ein kurzer Stopp am Aussichtspunkt Ørnesvingen bietet ein beeindruckendes Panorama mit Blick auf den Fjord, verfehlen kann man ihn nicht wirklich, da hier zu jeder Zeit Insassen von Reisebussen und Wohnmobilen auf der Jagd nach dem ultimativen Foto sind und den Fjord für jeden persönlich auf seine eigene Weise erlebbar macht. Meter um Meter wurde alles größer und damit auch unbeschreiblich schöner. Kurze Zeit später waren wir auf DU und DU mit diesem Fjord. Der Geirangerfjord ist der bekannteste Fjord Norwegens und gehört mit seinen 15 km Länge seit 2005 zum UNESCO Weltkulturerbe. Unser Tourguide stoppte am Hafen und im Angesicht des Fjordes mit dem vor Anker liegendem Kreuzfahrtschiff kam ich mir unendlich klein vor. Bis jetzt habe ich noch keine Kreuzfahrt mitgemacht und jetzt, wo ich hier so stehe kann ich es gut nachvollziehen, dass auch so eine Art des Reisen viel Spaß machen kann.

Ich war gespannt und voller Neugierde auf unseren nächsten Campingplatz. Der lag nur 2 km weiter vom Ort und hier angekommen war ich das erste Mal bei dieser Tour wirklich sprachlos. Ankommen, Motorrad abstellen und genießen war jetzt angesagt. Direkt am Fjord in erste Reihe befand sich unser Domizil für die nächsten beiden Tage. Das Gepäck war bereits ausgeladen, das Begleitteam Stand-by und wie wir es gewohnt waren gab es zur Begrüßung ein gutes sächsisches Radler. Es war 18 Uhr, die Sonne verwöhnte uns mit knapp 20 Grad und die Stimmung in der Gruppe war perfekt.

Die Zeit bis zum Abendessen verbrachte ich als stiller Genießer. Frisch geduscht lehnte ich mich mal wieder auf der Terrasse meiner Hütte zurück und lies all die Tage Revue passieren. Ich musste feststellen, dass sich die Emotionen und Eindrücke von Tag zu Tag steigerten und mochte gar nicht daran denken was noch folgen sollte. Wenn das so weiter geht dann muss ich wohl platzen, weil all das so schwer in Worte zu fassen ist und einfach nur zu sagen „Es war schön“ wäre vollkommen untertrieben!

Wir verbrachten einen wundervollen Abend am Fjord, es war warm, die Sonne verwöhnte uns noch immer und heute wurde gegrillt, ganz landestypisch-Norwegischer Lachs vom Grill mit frischem Salat und Folienkartoffeln. Es gab sogar ein bisschen mehr frischen Fisch, die Jungs in der Hütte oberhalb von uns waren hier auf Angelurlaub und hatten so viel Glück dabei, dass sie uns jede Menge von ihrem Fang beisteuerten. Ich fand es bemerkenswert wie schnell sich hier Kontakte knüpfen lassen, Menschen die sich vorher nie begegnet sind und in kürzester Zeit zu Freunden werden. Urlaub ist eben die schönste Zeit des Jahres und warum soll man die nicht auch entsprechend genießen?

Es war schon weit nach Mitternacht und noch immer taghell, inzwischen hatte ich mich daran gewöhnt und fand es richtig schön, ein Kreuzfahrtschiff der Costa lief aus und wurde natürlich in dem Moment das Objekt der Begierde. Die Kameras wurden gezückt um Momente wie diesen fest zu halten. Kann man das wirklich? Können ein paar Pixel das festhalten was man in dem Moment gerade erlebt? Es ist nicht einfach und Emotionen lassen sich schwer in Bilder verpacken, ich habe es jedenfalls versucht! Stell dir vor es ist Mitternacht, eine Zeit wo du eigentlich zu Hause schon längst im Bett liegst, jetzt stehst du hier, zu genau dieser Tageszeit in Norwegen, es ist taghell und dein Körper zeigt keine Anzeichen von Müdigkeit. Alle Teilnehmer der Tour sitzen noch zusammen, unterhalten sich über die Erlebnisse, du trinkst genüsslich noch ein Bier und musst dich regelrecht zwingen ins Bett zu gehen, der nächste Tag kommt bestimmt und er wird dich fordern!

Ein neuer Morgen, ein neuer Tag! Sonne satt und voller Vorfreude auf den Tag genoss ich mein Frühstück direkt am Fjord, in aller Ruhe und nur gestört von einem mal wieder auslaufenden Kreuzfahrtschiff, das gerade weit über 1000 Gäste genauso glücklich machte wie ich mich gerade fühlte. Unser Tourguide kündigte für den heutigen Tag das absolute Sahnestück an. Sahnestück fragte ich mich? Was haben wir den bisher erlebt? Noch besser geht doch gar nicht dachte ich – ich sollte mich belehren lassen und es wurde tatsächlich das Sahnestück.

Heute war kein Standortwechsel vorgesehen, wir sollten am Abend wieder hierher zurück kehren und ich war dankbar dafür, dankbar weil es hier so unendlich schön war und ich das gern noch einen weiteren Tag genießen wollte.

Die Tour startete mit einer 1stündigen Fährfahrt durch den Geirangerfjord nach Hellesylt. Es war interessant in diesem Moment die Perspektive von der Wasserseite zu erleben, genauso wie es die Gäste der Kreuzfahrtschiffe erleben. Egal auf welcher Seite man steht, es ist so und auch so einfach wunderbar! Wir befuhren den engen, 200m tiefen und von 1000m hohen Felsen gesäumten Fjord, sahen die 7 Schwestern, sieben direkt nebeneinander in den Fjord stürzende Wasserfälle, die vom Schmelzwasser aus dem Fjell gespeist werden und Bauernhöfe in den Felswänden auf denen früher die Kinder beim Spielen aus Sicherheitsgründen angeleint werden musten.

In Hellesylt angekommen machten wir einen kurzen Stopp um uns mit Koffein zu versorgen und kurze Zeit später ging es weiter in Richtung Stryn.

Kurven, Wasserfälle, Kurven, Wasserfälle – jetzt wenige Tage später nach unserem Tourenstart konnte ich unserem Tourguide Bernd recht geben. Wasserfälle gibt es so immens viele und genau aus dem Grund müssen wir nicht an jedem Wasserfall anhalten, irgendwann sind genug Bytes mit diesen Fotos gefüllt.

Es war Mittagszeit und ich freute mich, wie jeden Tag, auf das bevorstehende Pick Nick. Als unser Tourguide Bernd den Blinker setze und in Richtung See abbog traute ich meinen Augen nicht. Direkt am Strynsvatn, umgeben von einer Landschaft, vergleichbar wie der Vierwalstädter See, begrüßte uns das Begleitteam. Ist das wahr oder träume ich? Der See zeigte sich mit glasklarem Wasser in dem sich die umliegenden Berge wiederspiegelten, Sonne satt und eine unendliche Ruhe machte sich breit. Dieses Bild auf einer Postkarte – ich würde denken es sei nicht echt! Kein Photoshop kann das so hinbekommen und trotzdem stand ich jetzt hier, ohne Photoshop und ich war wie schon so oft sprachlos. All diese Eindrücke und meine Emotionen ließen nun keinen Halt mehr. Egal was die Gruppe denkt, ich warf all meine Klamotten von mir und wollte all das genießen, genießen mit einem Bad mittendrin. Die Ernüchterung kam schnell, denn gefühlte 5 Grad Wassertemperatur waren dann doch ziemlich kalt! Egal ich habe das kurze Bad genossen, genauso wie das wunderbare Pick Nick an diesem wundervollen Ort!

Nach einer entspannten Mittagspause ging es weiter auf Tour und nun sollte ein weiteres Sahnestückchen folgen. Wir befuhren die Gammelstraße über das Strynfjell, „Gammel“ ist die norwegische Bezeichnung für „alt“ und nach dem Bau einer neuen Umgehungstraße ist sie eine heute kaum noch genutzte Strecke, es sei denn du willst Abenteuer erleben und genau das wollten wir ja auch. Meter für Meter und Kurven für Kurven wurde es kälter, die Skistation, an der wir vorbei fuhren war noch voll im Gang, kurze Zeit später hieß es Stopp für alle. Unser Tourguide erklärte uns, dass es Tradition für jeden Norwegenbesucher ist Trolle zu bauen. Letztes Jahr um die gleiche Zeit gab es hier keinen Schnee und mit den umherliegenden Steinen wurden Trolle gebaut, kleine Steinhaufen die Trollen ähneln und Glück bringen sollen. Heute, jetzt und hier gab es aber nur Schnee, keine sichtbaren Steine um Trolle zu bauen. Also entschieden wir uns dafür einen Schneemann zu bauen, daraus wurde ganz schnell eine Schneeballschlacht bei sonnigen 15 Grad und am Ende hatten wir einen wunderbaren Schneemann gebaut und viel Spaß in der Gruppe.

Die Weiterfahrt ließ uns immer wieder stoppen um die Aussicht zu genießen, die Einsamkeit zu erleben, ein See der sich gerade von seinen Eisschollen befreit und seine Farben von weiß in azurblau wechselt – es war einfach nur wunderschön all das zu erleben.

Bevor wir zu unserem Campingplatz am Geirangerfjord zurück kehren sollten gab es noch einen letzten Stopp am Dalsnibba, wegen seiner Aussicht der beliebteste Gipfel südlich des Geirangers. Die Straße windet sich auf über 7 Kilometer hoch zum 1495 hohen Gipfel. Da es sich hier um eine mautpflichtige Straße handelt, muss man sich den Ausblick mit 100 NOK pro Motorrad „erkaufen“, oben angekommen eröffnet sich bei schönem Wetter eine stille Natur mit frischer Luft und atemberaubenden Ausblicken auf die gesamte Landschaft. Mein Fazit: Wer hier unterwegs ist sollte das auf keinen Fall verpassen, diese Aussicht ist ihr Geld absolut wert ist!

Wieder am Geirangerfjord angekommen freute ich mich über die wundervolle Tagestour, dem Sonnenschein und der tollen Stimmung in der Gruppe. Es war für mich ein glücklicher Moment, fühlte ich mich doch ein wenig wie zu Hause, umgeben von Freunden und geborgen in diesem Land. Ein neues Kreuzfahrtschiff lag vor Anker und begann 30 Minuten später auszulaufen, ein wunderbares Erlebnis, was wohl jeder hier jeder auf dem Campingplatz mit der Kamera festgehalten wollte. Ab jetzt hieß es für mich nur noch abschalten und all das Erlebte zu verarbeiten und vor allem zu genießen.

Die Nacht war kurz weil ich den Tag jede Minute erleben wollte und erst spät in mein Bett bin. Ein perfektes Frühstück am nächsten Morgen machte mich wieder munter und ein neuer Tourentag stand uns bevor. Die Sonne schien mit aller Kraft und ich fragte mich ernsthaft warum so viele meiner Bekannten meinten das Wetter in Norwegen sei immer schlecht, habe ich einfach nur Glück oder haben die keine Ahnung? Es war mir egal, ich war froh darüber und nach der Gepäckabgabe am Begleitfahrzeug ging es los zur nächsten Tagestour.

Die RV 15 führte uns nach Lom. Hier befindet sich eine der ältesten Stabkirchen Norwegens, urkundlich 1270 erstmals erwähnt und jederzeit eine Besichtigung wert. Das Besondere an den Stabkirchen sind die Holzkonstruktionen, wo horizontal liegenden Balken die Wände bilden. Hier im Ort selber bieten sich zahlreiche Möglichkeiten Einkäufe zu erledigen, für uns kein Thema, wir hatten dafür unser Begleitfahrzeug dabei. Fahren, Eindrücke sammeln, Pick Nick, fahren – es war wundervoll. Musste ich mir doch keine Gedanken machen was der Tag so bringt. Einkaufswünsche wurden aufgenommen und das Begleitteam kümmerte sich.

Auch bei einer Motorradtour gehört ein bisschen Kultur dazu. Nicht zuviel aber ausreichend um auch das Land und seine Geschichte ein wenig kennen zu lernen. Den nächsten Stopp legten wir an der Sagasäule ein, ein knapp 40 Meter hohes Denkmal das an die Ereignisse der norwegischen Geschichte erinnern soll. 1836 sandte der Dichter Hendrik Wergeland einen Aufruf an das norwegische Volk ein Denkmal über Norwegens Selbständigkeit zu errichten. Unterbrochen durch den Krieg und den damit verbundenen Schwierigkeiten wurde diese Säule erst 1992 fertig gestellt und präsentiert heute die Geschichte Norwegens in all seinen Facetten.

Ab jetzt stand eine besonders schöne Strecke auf dem Plan, die landschaftlich eindrucksvolle Straße über das Sognefjell. Ich wollte mich überraschen lassen und ich wurde überrascht. Die Route führte 20 km über das Fjell, welches sich durch seine wellige Streckenführung von vielen anderen abhebt. Eine kurvenreiche Straße mit teilweise etwas längeren Geradeausstrecken, die ständig bergauf und bergab ging. Da ich mich am Ende der Gruppe eingereiht hatte sah es aus wie ein Wellenspiel, die Gruppe verschwand in den Senken und tauchte sogleich wieder auf wenn es bergauf ging, ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen weil es doch eine recht lustige Aussicht für mich war. Unser Begleitteam kündigte an, dass sie irgendwo an der Strecke stehen würden um Fotos zu machen, weil dieses Fjell ein perfektes Fotomotiv bietet. Warum an den 20 km dann doch kein Team für die angekündigten Fotos stand ist leicht zu erklären. Wir bewegten uns auf knapp 1400 Metern Höhe bei 3 Grad und dichtem Nebel, die Sichtweite war fast Null. Gelegentlich erspähten wir einzelne Zelte am Rand der Straße, wo ich mich ernsthaft fragte was die hier tun. Bei 3 Grad Außentemperatur würde mir das nie in den Sinn kommen! Die Vorstellung dieses Fjell bei Sonnenschein zu erleben spendete wärmenden Trost und erst am Ende des Fjells angekommen tauten meine halberfrorenen Finger wirklich wieder auf. Hier bewegten sich die Temperaturen wieder im 2-stelligen Bereich und wir legten einen kurzen Stopp ein um uns bei Kaffee und Tee aufzuwärmen. Ab jetzt waren es nur noch 20 km bis zum nächsten Domizil für diese Nacht. Die Temperaturanzeige meiner GS stiegt stetig an, blauer Himmel und Sonnenschein pur begrüßte uns so, als wäre es den ganzen Tag nicht anders gewesen. Dieser ständige Wechsel von Höhen und Tiefen, verbunden mit den extremen Temperaturschwankungen und dem permanenten Wetterwechsel war für mich erstaunlich und trotzdem war ich froh hier zu sein um all das zu erleben. Die letzten Kilometer führten uns entlang dem Lustrafjord mit seinem ruhigen, glasklaren Wasser wo sich die umgebenden Berge mit der gesamten Landschaft widerspiegelten. Ich fühlte mich mal wieder wie mitten drin in einem Postkartenmotiv und war einfach nur begeistert. Wie beschreibt man Begeisterung, wenn sie immer wieder um ein bisschen mehr getoppt wird? Ich war mal wieder völlig sprachlos bei der Ankunft an unseren Hütten, direkt am Lustrafjord gelegen, jede Hütte mit einer eigenen Terrasse und Blick auf den Fjord. Hier war die Natur noch völlig in Ordnung, den einzigen Ökolärm, den es hier gab war ein gigantischer Wasserfall am anderen Ende des Fjordes. Ich hatte meine Vorstellungen von dieser Reise, ich hatte allerdings keine Vorstellung, dass es so überwältigend wird und wenn mir jetzt eines bewusst wird, dann dass ich definitiv nicht das letzte Mal hier gewesen bin. Warum habe ich so viele Jahre gezögert um Norwegen kennen zu lernen? Ich kann hier und jetzt diese Frage nicht beantworten und genoss mal wieder mein jetziges Dasein.

Der nächste Morgen begrüßte uns mit bewölktem Himmel und wenn uns allen eines für heute klar war, an dem Tag werden wir leider nicht trocken bleiben. Die Regenkombis wurden parat gelegt und pünktlich rollten wir los. Das erste Ziel des Tages erreichten wir bereits nach 30 Minuten, den Nigardsbreen, eine Gletscherzunge des Jostedalsbreen, dem größten europäischen Festlandgletschers. Anfang des 19. Jahrhunderts bildete sich diese Gletscherzunge zurück und damit entstand ein großer Eisstausee. Um möglichst nah an die Gletscherzunge zu gelangen passierten wir die mautpflichtige Zufahrtstraße, um dann die hier angebotene Fahrt mit einem Boot zum Gletscher zu nutzen, ab hier müssen dann noch 15 Minuten Fußweg bewältigen um an der Bruchkante zu stehen. Gletscher kenne ich von Bildern, jetzt hier davor zustehen und das blaue Eis von Jahrhunderten zu berühren war schon beeindruckend! Ich war ihm so nah, dass ein Stück Eis als Souvenir mit musste, auch wenn es nicht lange halten wird war mir das einfach ein Bedürfnis. Ich weiß, dass sollte man nicht tun aber ich war mir bewusst, dass sich dadurch der Gletscher nicht wirklich verkleinern wird. Zurück am Parkplatz stiegen wir wieder auf unsere Motorräder und es ging weiter auf der RV 55 nach Hella. Hier wollten wir mit der Fähre nach Vangsnes übersetzen. Leider hatten wir unsere geplante Fähre knapp verpasst und mussten nun 1 Stunde auf die nächste Fähre und unser Picknick warten. Während dessen wurden die Wolken dichter und mittlerweile fing es an zu regnen. Mein Magen signalisierte mir, dass eine Nahrungsaufnahme gewünscht wird, leider gab es hier an der Fähre nichts außer uns und weiteren Touristen die wie wir übersetzen wollten und somit musste sich mein Magen noch ein wenig gedulden. Die Überfahrt dauerte 30 Minuten und 10 Minuten später erreichten wir auch unseren Pick Nick Platz. Direkt am Fridtjof Denkmal aufgebaut wurde erst einmal der Hunger gestillt, eine warme Suppe und frischer Kaffee brachten den Kreislauf wieder in Schwung. Jetzt konnte das Kulturprogramm kommen! Wir befanden uns am Fridtjof Denkmal, direkt am Sognefjord gelegen, ein gigantisches Denkmal was der deutsche Bildhauer Max Unger erschaffen hatte und im 13. Jh. ein Geschenk des Kaisers Wilhelm II. an die Norweger war.

Der letzte deutsche Kaiser war ein großer Norwegenfan, er stiftete dieses Denkmal, vielleicht auch um sich selbst ein bisschen darzustellen. Egal. Er unterstützte den Wiederaufbau der 1904 durch einen Großbrand zerstörten Stadt Alesund. 4 Schiffe mit Hilfsgütern und Baumaterialien hatte er losgeschickt, finanziert aus seinem Privatvermögen! Auch deutsche Großreedereien unterstützten den Wiederaufbau. Durch diesen kompletten Neuaufbau im damals modernen Jugendstil ist diese Stadt heute bekannt.

Solche und andere kleine Geschichten hatte unser Tourguide Bernd immer parat. So gab es auch einen kleinen Einblick in die Geschichte und Kultur dieses Landes für all diejenigen unter uns, die sich vorab einer großen Reiselektüre verweigert hatten.

Es lagen noch 150 km bis zum nächsten Campingplatz vor uns. Der Regen hatte noch nicht aufgehört, auch wenn es nur noch ein Nieselregen war. Aufgrund der Wetterbedingungen wählte unser Tourguide nach Rücksprache mit der Gruppe den bequemeren Weg durch de Laerdaltunnel, Europas längstem Tunnel mit 24,5 km Länge und konstanten 19 Grad. Das besondere an diesem Tunnel ist, dass es hier aller 8 km Grotten gibt, die farblich beleuchtet sind um dem sogenannten Tunnelblick zu entfliehen und dem Auge eine Abwechslung zu bieten. Eigentlich gedacht für Pannenstopps und Wendemanöver bei Gefahr werden diese Grotten immer wieder gern zu Fotostopps genutzt. Das Licht war einfach phantastisch und selbstverständlich nutzten auch wir diese wunderbare Umgebung um unsere Motorräder in Position zu rücken und einmalig schöne Fotos zu machen. Ich hätte niemals gedacht, dass eine Tunneldurchfahrt so interessant sein könnte.

In Laerdal angekommen erwartet uns ein kleiner Campingplatz direkt am Laerdalsfjord. Wir sind unterwegs seit 6 Tagen und immer wieder ist jede Menge Wasser um uns herum. Es ist wunderbar und ich kann nicht genug davon bekommen!

Noch immer ist Mittsommernacht, der Tag scheint nicht zu enden, die Emotionen auch nicht und ich bin wirklich glücklich darüber hier unterwegs zu sein, auf einer Tour, die mich mehr begeistert als ich es jemals erwartet hätte.

Die Reise geht langsam dem Ende zu. Allein der Gedanke daran stimmt mich traurig aber trotzdem war ich noch immer voller Anspannung auf das was heute noch folgen sollte. Wir befuhren die alte Historic Route in Richtung Bourgund, eine kleine, schmale und vor allem kurvenreiche Straße durch Felsklippen mit einem urwüchsigen Bewuchs. Wir befuhren die Stalheimskleiva, eine Schlucht die früher Bestandteil der alten Poststraße war und sich von oben mit 18% Gefälle und endlosen Spitzkehren wieder in die Tiefe windet. Nichts für schwache Nerven und wer das sich das nicht zutraut, kann gern die Umfahrung über die E 16 wählen.

Heute Abend sollten wir wieder auf dem Campingplatz ankommen, an dem unsere Reise begonnen hat. Je südlicher wir fuhren desto besser wurde das Wetter. Die Eindrücke an Landschaften wurden nicht weniger und ich wünschte mir eine Kamera im Kopf zu haben, die all das speichern kann.

Angekommen auf dem Campingplatz des ersten Tages fühlte ich mich hier wie zu Hause. In geselliger Runde verbrachten wir den letzten Abend in diesem Land; einem Land, das so wundervoll ist und „Erfahren“ werden möchte. Ein letzter Abend an dem die Sonne nicht untergeht und du das Gefühl bekommst 24 Stunden hellwach zu sein , hellwach, weil du nichts verpassen möchtest, alles erleben willst und die Nacht zum Tag wird.

Der letzte Tourentag war ein leiser Abschied von Norwegen, ein Abschied vom Urlaub wie ihn wohl jeder kennt. Die schönste Zeit des Jahres bist du hier gewesen. Es gibt Menschen die wählen jedes Jahr ein neues Urlaubsziel, die Welt hat viel zu bieten. Es gibt Menschen die erinnern sich gern an vergangene Urlaube und wollen das wiederholen. Ich zähle mich zu der zweiten Gattung, diese Tage in Norwegen waren so schön, dass ich diese Zeit wiederholen möchte. Nicht die gleiche Tour, aber ich will mehr von diesem Land kennen lernen. Es gibt noch so viel zu entdecken, die Lofoten, das Nordkap…..

Seit 9 Tagen bin ich mit Menschen auf einer Tour durch Norwegen unterwegs, Menschen die ich vorher nicht kannte und die ich jetzt wenige Tage später lieb gewonnen habe. Menschen mit denen ich meine Eindrücke und Erlebnisse teilen kann, die ich tagtäglich hier erlebe. Ich wage zu behaupten „Wir waren eine tolle Gruppe“ und ich möchte nicht einen Teilnehmer der Gruppe missen. Es war schön für mich jeden einzelnen kennen gelernt zu haben, es sind Freundschaften entstanden und ich bin mir sicher, dass wir uns wiedersehen um weitere Abenteuer zu erleben. Unsere Tour, gefüllt mit unzähligen Eindrücken und vor allem Emotionen wird mir noch lange in Erinnerung bleiben.

Gerade im Norden steht und fällt eine Tour mit dem Wetter, dieses Mal hatte ich Glück. Auch wenn ich meine nächste Tour hier komplett im Regen verbringen würde, Norwegen ist auch bei Regen schön, ein Land wo ich mich immer wieder fragen muss „Was habt ihr getan, damit Ihr so beschenkt wurdet? Gut, ihr habt einen lang andauernden Winter, die Sonnenscheinstunden sind rar und ein Tourist sieht wohl immer nur die schönen Seiten eines Landes. Trotzdem ist dieses Land es wert bereist zu werden- eine Gastfreundschaft wie hier habe ich selten auf meinen Reisen erlebt, ich spreche keine einziges Wort norwegisch und trotzdem hatte ich nie Probleme mich vorwärts zu bewegen. Auch ich bin lernfähig und während meiner Zeit in diesem Land habe ich zumindest eines gelernt zu sagen: „Tusen Takk“. Danke für alles was ich erleben durfte und ich komme wieder, ganz sicher!

 

5 comments to “Die wohl perfekte Reise durch Norwegen – besser geht nicht!”
5 comments to “Die wohl perfekte Reise durch Norwegen – besser geht nicht!”
  1. Hallo Rudi,

    ich habe mich sehr über Deinen Bericht gefreut und kann mich – als Norwegen-Erleben-Dürfer-2013 – nur anschließen, es war A-T-E-M-B-E-R-A-U-B-E-N-D !!!

    Wir hatten deutlich weniger Schnee, aber Dein Bericht liest sich exakt wie meine Erinnerung an den Urlaub. Wirklich ein Highlight! Nicht nur Norwegen, nicht nur die Touren, sondern auch die absolut perfekte Organisation und geniale Verpflegung!

    Würde mich sehr freuen, Dich auf irgendeiner Tour wieder zu treffen!

    Viele Grüße in die Schwiiz und alles Gute,
    Micha (mit der ungemütlichen Street Triple)

  2. Hallo ihr Truppe von 2014, erst dachte ich,über „unsere“ Tour wird berichtet.Aber schnell stellte ich fest,daß Rudi eine sehr tolle Reise in Norwegen beschrieben hat, aber nicht die erste in 2014, also unsere. Wir hatten alles an positiven Erlebnissen,Eindrücken,Erfahrungen und glücklichen Momenten wie sie Rudi ausführlich sehr anschaulich und ganz toll beschrieben hat. A B E R : wir hatten dazu ein geniales Wetter, nur einmal , so pro Forma, den Regenkombi für Fieselregen angezogen.!!!!
    Zur Bestätigung :
    Eine Reise mit Almoto nach Fjordnorwegen garantiert 100 % Spaß am Motorradfahren mit einem versierten, ortskundigen und geschichtsfestem Tourenguite Bernd. Die Vorzüge von Manuel als Veranstalterin und
    “ K O E C H I N “
    sei besonders erwähnt.
    Natürlich möchte ich auch René nicht vergessen, der als gute Seele im Hintergrund alles möglich gemacht hat. Ich zehre noch von den Erlebnissen, freue mich nach wie vor über das Glück, mit einer solchen tollen Truppe gefahren zu sein(besonders die Tunneldrööööhner aus Hessen)und bin sicher, bei einer anderen Tour wieder dabei zu sein.

  3. Hallo Charly,
    es war mir eine besondere Freude, dich bei der Tour persönlich kennenzulernen, viele Kontakte per Netz und dann kommt der Tag, wo mann sich gegenüber steht, es hat alles gepasst und um so mehr freut es mich, dass es gepasst hat 🙂 Bei jeder Tour stellt sich die Frage wie und ob es gut laufen wird, gerade bei Norwegen sind wir so eng beisammen mit den Gästen, weil es eine wirklich individuelle Tour ist. Es hat super gepasst und es war eine wunderbare Tour auch für uns alle, das Team hat funktioniert, die Gäste waren entspannt und genau so soll es sein. Es wäre mir eine Freude, eine weitere Tour mit dir zu unternehmen, bei 85 Touren im Jahr bin ich nicht immer dabei aber ich kann dir heute schon sagen, dass wir uns bei den Spanientouren definitiv wieder sehen würden 🙂

  4. Ich möchte mich nur über den toll geschriebenen Reisebericht von Rudi
    bedanken. Da kamen schon wieder die schönen Erinnerungen hoch. Charly hat’s als Kommentar wie immer voll auf den Punkt gebracht und ich möchte mich ihm nur vollens anschließen.Ich bzw.wir alle sind Stolz und Glücklich
    darüber mit euch als Reiseveranstalter gefahren zu sein.

    Einer, der den Gletscher bei bei Sonne erlebt hat.
    Manni

  5. Als ich Rudi´s Reiseerlebnisse gelesen habe, zeichnete sich in meinem Kopf noch einmal ein großer Teil dieser wunderschönen Reise ab. Auch ich war, wie Charly und Manni, bei der ersten Norwegentour 2014 dabei und kann nur bestätigen, dass auch ich nicht das letzte Mal in diesem tollen und gastfreundlichen Land gewesen bin. Betroffen hat mich letzte Woche die Meldung vom Tod des deutschen Ehepaares am Nigardsbreen, einem Ort, an dem ich selber noch vor ein Wochen bei strahlendem Sonnenschein gestanden habe und der so voller total schöner Eindrücke ist. Aber auch für mich gilt: Norwegen ich komme wieder!!!

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