Erst anhalten, dann absteigen!

IMG-20140805-WA0008Und hier ein neuer Reisebericht von unserem Tourguide Herbert.

Unser Ausgangshotel in Rohrdorf wird schon fast zu meiner zweiten Heimat. Schon wieder „darf“ ich dort eine Reisegruppe übernehmen um den Teilnehmern die Schönheiten Kärntens zu zeigen. Diesmal gab es mal was neues: Ich hatte eine BMW-freie Gruppe, mal gespannt. Dafür hatten wir einen Rennchopper dabei wie sich später noch herausstellte. Gleich nach der Grenze lernten meine Mitfahrer was eine erhobene Hand heißt. Nein, nicht nasse Fahrbahn wie beim MotoGP, es kann auch heißen ‚Ich rolle aus, hab keinen Sprit mehr‘. Die rettende ‚billige‘ Tanke in Österreich war für einen meiner Mitfahrer 2 km zu weit entfernt. Aber mittels Ersatzkanister konnte ruckzuck geholfen werden und weiter gings. Ab Zell am See, unserem 1. Stop, kam Plan B zum Einsatz. Die geplante Fahrt über den Großglockner machte bei dem regenverhangenen Himmel keinen Sinn. Also kurzentschlossen Hin- und Rückfahrt getauscht, so fuhren wir also über den Tauernpaß (Obertauern) und den Katschberg nach Österreich. In Spittal an der Drau gab es einen außerplanmäßigen Stop, eine Ducati zickte. Ne italienische Diva halt. Nachdem sich die Warnleuchte letztendlich als harmlos herausstellte konnten wir auch noch die letzten Kilometer ins Hotel zurück legen.

Unser Hotel, die Kärntner Stubn in Paternion kann man durchaus loben. Die Zimmer waren ok, die Küche vorzüglich und das Personal sehr engagiert und jeden Abend wurden wir vom Kärtner Gastrotape unterhalten (Insider). So sollte ein Basishotel sein!

An unserem 1. Fahrtag vor Ort ging es gleich auf die Nockalmstraße. Dies war eigentlich erst für den 2. Tag vorgesehen, jedoch veranlasste uns der Wetterbericht zur Planänderung. Das Wetter war überhaupt ne Sache für sich. Die ersten drei Tage wurden wir regelmäßig geduscht. Ok, ist ja nur Wasser, Motorradfahrer müssen das ab können, ärgerlich ist’s trotzdem. Zumindest wissen wir jetzt, warum es in Kärnten so verdächtig grün ist.

Dafür entschädigte uns die Nockalmstraße mit trockenen herrlichen Kurven. Freies Fahren war angesagt, die Teilnehmer konnten sich nach Herzenslust austoben. Hungrige Bikermägen wurden schließlich auf dem Hochrindl versorgt. Die darauf folgende Etappe zeigte warum Kärnten ein ideales Bikerland ist. Herrliches Kurvenswingen ohne Verkehr, Bikerherz was willst du mehr? Nach dem Längsee kam sie schließlich in Sicht, unser Besichtigungstermin, die Burg Hochosterwitz. Diese tolle Burg, auf einem Felsen trohnend wurde aufgrund ihrer 14 Tore, jedes für sich zu verteidigen, niemals eingenommen. Hinzu kommt noch der abenteuerliche Schrägaufzug, nur für schwindelfreie Gäste geeignet. Jedoch verdunkelte sich der Himmel und es begann zu schütten. Wir saßen in der Falle, die Regenjacken waren unten beim den Motorrädern. Was tun? Geschäftstüchtig sind sie schon, die Österreicher. Zum Preis von 2 Euro gab es Regencapes käuflich zu erwerben, und so konnten wir uns auf die Wanderung nach unten aufmachen. Es folgten lange 90 km Rückfahrt zum Hotel im strömenden Regen. Fünf Kilometer vor dem Hotel wurde die Straße auf einmal trocken als hätte es nie geregnet. Verrücktes Wetter.

Am nächsten Tag ging es nach Süd-Ostkärnten. Hinter Ferlach ging es bergauf, über den Schaidasattel und schließlich in die Drögerner Klamm. Einfach klasse diese Klamm, wildromantisch geht es zwischen Fluß und Felsformationen hindurch bis zu einer Jausenstation. Weiter ging es auf herrlichen Straßen zu unserem Mittagsstop am Klopeiner See. Welch ein Gegensatz: Kurz vorher noch die wildromantische Drögerner Klamm und primitiver Bretterbude für den Kaffee, hier ein klassischer Kärntner Badeort. Schicke Hotels, gepflegte Badestrände, natürlich eingezäunt und mit Vorschriften aller Art versehen. Krass! Dafür schmeckte die Gulaschsuppe und weiter ging es nach Klagenfurt. Ein kurzer Fotostopp vor dem Lindwurm, dem Wahrzeichen Klagenfurts, dann warteten die Ossiacher Tauern auf uns. In dieser Hügelkette gibt es sogar Schotterstrecken. Leute: Die hab ich extra ausgesucht um zu testen ob ihr auch für den Mangart am nächsten Tag fit seid, warum denn sonst? Natürlich waren alle fit, ich hab auch nichts anderes erwartet. Zu erwarten war aber leider auch, dass Petrus wieder die Schleussen öffnete und so musste die Strecke etwas gekürzt werden. Im strömenden Regen auf eine Alm fahren, das braucht wirklich niemand. Natürlich, kaum im Hotel angekommen, hörte es zu regnen auf. Irgendwie war Petrus nicht unser Freund.

An unserem letzten Fahrtag vor Ort ging es schließlich auf die Königsetappe. Zuerst über die Windische Höhe, dann folgte das Naßfeld, das herrliche Aupatal und Selle Nevea. Hier sah man zum ersten Mal den Mangart, unser heutiges Ziel. Dieser höchste anfahrbare Punkt in Slowenien kostet zwar Maut, aber die ist es wirklich wert. Geradezu abenteuerlich schraubt sich die Straße immer höher hinauf bis zur Lahnscharte, einem Aussichtspunkt mit phänomenaler Aussicht. Über Italien hinweg kann man nach Österreich hinein schauen, man kann sich gar nicht satt sehen. Ich war jetzt schon so oft hier, trotzdem begeistert mich der Ausblick immer wieder. Fast genauso begeisternd sind die Kochkünste der Wirtin der Berghütte vor Ort. Diese erreicht man auf einer kurzen steilen Betonpiste, ein idealer Ort um das gerade Erlebte sacken zu lassen.

Der folgende Teil Richtung Bovec und dann weiter zum Virsic-Paß verspricht Fahrspaß pur. Kurve an Kurve schlängelt sich die Straße auf bestem Asphalt an einem Fluß entlang. Für die vielen Wildwasserfahrer haben wir keinen Blick, zu sehr beschäftigt uns das tolle Asphaltband. 50 Kehren hat es über diesen Pass, diejenigen auf der Südseite haben wir wahrlich genossen, auf der Nordseite geht es etwas langsamer. Schließlich stammen die noch gepflasterten Kehren auf diesem Abschnitt noch aus der ursprünglichen Trassenführung des Passes vor 100 Jahren. Gebaut wurde dieser höchste slowenische Pass im ersten Weltkrieg von russischen Kriegsgefangenen als Militärstraße. Zu deren Gedenken gibt es auf der Nordseite eine russische Kapelle für die wir aber keine Zeit haben, zu sehr beschäftigt uns die knifflige Straße und deren Zustand. Gottseidank blieb es trocken. Über den Wurzenpass ging es schließlich wieder nach Österreich zurück zu unserem letzten Tagesziel, dem neuen Aussichtsturm auf dem Pyramidenkogel. Hierbei handelt es sich um den höchsten Holzaussichtsturm der Welt der unsere Blicke über die Kärntner Seen bis zu den Nockbergen im Norden und den Karawanken im Süden schweifen lässt.

Unser letzter Fahrtag hatte nun endlich den Großglockner auf dem Programm, diese wunderbare Passstraße die uns auf der Hinreise verwehrt blieb. Die Maut, die dort verlangt wird, ist schon happig, dafür wurden wir mit nicht enden wollenden Kurven und gutem Asphalt verwöhnt. Irgendwie beklemmend ist für mich jedes Mal der Abstecher zur Franz-Josefshöhe, kann man doch da sehr eindrucksvoll den Klimawandel bestaunen. Deutlich zu sehen bis wohin der Gletscher mal reichte und was davon heute noch da ist. Leider hatten die Murmeltiere an diesem Tag frei (sorry Sonja). Natürlich ging es auch auf den höchsten Punkt, die Edelweißspitze mit 2.571 der höchste, legal anfahrbare Punkt Österreichs. Wir hatten freies Fahren für den Großglockner vereinbart, so konnten sich alle nach Herzenslust austoben. Irgendwann hatten meine Mitfahrer aber doch von den Kurven genug (bis auf einen) und so kam uns die Einkehr auf der Mitterbergalm bei Zell am See gerade recht. Frisch gestärkt vergingen die restlichen Kilometer bis Rohrdorf wie im Flug und so gab es heute mal wieder ein bayerisches Stiefelbier.

Ich bin sicher dass diese Reise, reich an Eindrücken bei meinen Mitreisenden in guter Erinnerung bleiben wird. Wir hatten ja auch viel Spaß miteinander und lachten über so manches. ‚Du, bei dir brennt hinten ja gar kein Bremslicht?‘ –  ‚Kein Wunder, ich brems ja auch nur vorne!‘  Wir lernten auch, dass man für nur 89 Cent nachtanken kann ohne rot zu werden. Das nächste Mal nehme ich auch meinen Ersatzkanister wieder mit, versprochen. Schließlich möchte ich doch Schnappatmung beim Aufleuchten der Reserveleuchte vermeiden.

Sicher werde ich den oder die eine(n) oder andere(n) bei einer meiner nächsten Touren wieder sehen. Ich freu mich drauf und wünsch Euch allseits gute Fahrt und denkt dran: Erst anhalten, dann absteigen. Unbedingt Reihenfolge beachten!

Euer Herbert

 

6 comments to “Erst anhalten, dann absteigen!”
6 comments to “Erst anhalten, dann absteigen!”
  1. Hallo Herbert,
    schöner Bericht, nette Gruppe, klasse Guide, gelungener Urlaub
    Ich hatte gefühlt viel weniger Regen als Du 🙂
    Bin mir sicher, das wir uns wieder sehen.
    Bernd

  2. Schöne Zusammenfassung Herbert 🙂
    Die Gegend ist mehr als eine Reise wert. Der Tourtag mit Mangart war einfach genial und hat Lust auf mehr solcher Strecken gemacht. Und der Glockner mit seinem Gletscher der einfach nur Beeindruckt, aber auch nachdenklich stimmt.
    Muss ja allein schon wegen der Murmeltiere wieder kommen……….
    ……….oder wohnen die auch irgendwo im Trentino ???

    @Bernd, verhält sich das mit dem Regen wie bei den Bremsen ??
    hinten weniger ???

    Wünsche allen noch eine schöne Saison passt gut auf und weiter tolle Touren.

  3. Hallo Herbert,
    schön wars mit Dir und der Gruppe, haben echt schöne Ecken gezeigt bekommen.
    Das Foto-team mit Torsten, Matthias und uns hat über 1000 Bilder geschossen. Wenn da noch jemand was sucht einfach melden 🙂

    Wünsche euch allen noch weitere schöne Touren, vielleicht ja nochmal gemeinsam,
    die dürfen dann ruhig auch trockener ausfallen 😉

  4. Hallo Herbert,
    die Tage mit Dir und der Gruppe in Kärnten waren einfach großartig. Du hast wirklich tolle Strecken ausgesucht.
    Auch wenn es hin und wieder geregnet hat, hat es viel Spaß gemacht ( ist ja nur Wasser 😉 ).
    Gibt es eigentlich ein BEST OF Gastrotape ?
    Evt als musikalische Untermalung des Reiseberichtes ?

    Wünsche allen weiterhin noch eine schöne und unfallfreie Saison.

  5. Hi ! Wir sind Teile der schönen Tour auch gefahren. Traumhaft ! Weniger zu empfehlen ist der Schaidasattel – Abzweig Bad Eisenkappl. Vielleicht noch mit einer kleinen Enduro. Aber sehr enge Kurven mit viel Rollsplitt und reingewaschenen Schotter. Ist mehr eine landwirtschaftliche Verbindungsstraße. Der teilweise noch frische Kuhdreck klebt so richtig am Chrom wenn der mal getrocknet ist, also im Sonner recht bald.

    Auf der Rückfahrt haben wir die schöne Kurvenreiche Straße am Fuss des Berges genommen von Ferlach. schöner Aspalt – sehr schöne Gegend. Lohnt sich auch in beide Fahrtrichtungen.

    Schaidasattel ist mehr eine schöne Strecke mit dem Moutainbike.

    Der Loiblpass lohnt sich schon eher ! War eine sehr schöne Zeit mit dem Motorrad zwischen Klopeinersee und Wörthersee. (harleytreffen 2016) Das Werner Berg Museum in Bleiberg ist sehenswert. Der hat auch da (Jauntal) gelebt als Deutscher.

    Alles in allem dennoch sehr schöne Motorradstrecken und ein Ruhetag zum Putzen wegen des Schaidasattels. Musste aber so oder so einmal sein nach all den Motorradtouren in Kärnten.

    Ein paar der Strecken werden wir noch nacholen. Danke für den schönen Beericht! Batschi

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